Stefan Vogel im Porträt

Hart, aber Fair

18. Februar 2010
Redaktion Börsenblatt
Routinen sind Stefan Vogel ein Graus. Lieber führt er Verhandlungen. Sein nächstes Ziel: 50 Mitglieder in der EK-Fachgruppe Buchhandel. Im vergangenen Jahr hat er für die Bielefelder  EK / servicegroup die Fachgruppe LESEN & ERLEBEN aufgebaut, ab März leitet er die neu gegründete EK-Tochtergesellschaft Buch und Medien GmbH. Ein Porträt.

Elpke 109, Bielefeld-Stieghorst. In Sachen Glamour-Faktor ist diese Adresse nicht zu unterbieten. Und tatsächlich, weit und breit wenig Schönes. Doch die Anbindung an die A2 Dortmund / Hannover ist perfekt, die Gewerbeflächen in der östlichen Vorstadt sind preiswert. Über großzügige 30 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche verfügt die 1925 gegründete EK Servicegroup hier, fast 500 Mitarbeiter kümmern sich um den Geschäftserfolg der 2 200 Warenhäuser und Fachgeschäfte, die in der EK genossenschaftlich organisiert sind.

Einer davon ist Stefan Vogel. Seit einem Jahr ist der Buchmanager bei der Handelskooperation EK dabei – und er scheint sich beliebt gemacht zu haben. Bei einer kleinen Fototour durch die Hallen freut sich vom Pförtner bis zum Vorstand jeder, ihn zu sehen. »Prima Betriebsklima«, kommentiert Vogel lapidar. Womit man mal wieder sieht: Ob Bielefeld-Stieghorst oder Berlin-Mitte, der Mensch macht’s.

Vogels Traumstadt ist Hamburg, sein Herz gehört so oder so nach Menden. Dort lebt die Familie, diese Sonne umkreist er, egal wohin der Job ihn führt. Seine Frau ist Allgemeinmedizinerin mit eigener Praxis, das Paar hat ein Haus gebaut, das soeben bezugsfertig geworden ist, die Söhne Philipp und Julius sind acht und vier Jahre alt. Keine Frage, das funktioniert nur mit dem Netzwerk Großfamilie im Hintergrund. Vogel ist da pragmatisch. »Ich habe einen tollen Job und bin in einer guten Stunde zu Hause«, sagt er. Für die nötige Dosis Großstadtflair müssen halt die Wochenendtrips sorgen, die er mit seiner Frau unternimmmt, regelmäßig. Sofern es die Zeit erlaubt.

Der BWL-er mit Doktorhut (»Projektcontrolling für innovative Shop-Konzepte im Handel«) baut bei der EK die Fachgruppe Buchhandel auf. 35 Buchhandlungen sind schon im Boot, Ende 2010 sollen es 50 sein. »Ich kann mir auch 150, 200, 300 Buchhandlungen in der Fachgruppe vorstellen, da gibt es Potenzial, aber man muss mit den Händlern reden, auch drei- und viermal«, meint der Handelsexperte. Das erste Kundenmagazin, zum ersten Mal eine Buchtipp-Präsentation, Verhandlungen mit Verlagen, Händlerakquise – in Vogels Job ist alles neu. »Das kommt meinem Naturell sehr entgegen«, freut sich Vogel. Das Thema »Disziplin bei Routinen« sei seine größte Schwäche.

Eine Schwäche, die man Buchhändlern nachsagt, ist ihr Individualismus. Die Akquise neuer Mitglieder für die Fachgruppe darf man sich also getrost kompliziert vorstellen. Vogel ist da emotionslos: Angesichts der Zahlen aus dem jüngsten Betriebsvergleich müssten sich die Buchhändler eben fragen, ob sie sich diese Form von Individualismus noch länger leisten wollen und können. Oder ob sie nicht lieber »zu neuer Schlagkraft gelangen« wollen, so Vogel. EK oder Untergang – so wie er die Dinge darlegt, liegt die Entscheidung auf der Hand.

Vogels Stärke ist das Verhandeln. Zuletzt hat er sein diesbezügliches Geschick für Thalia eingesetzt und mit den Verlagen günstige Konditionen verabredet – günstig für Thalia. Als »Thalia-Unterhändler« hat er es auf die Seite drei der »Süddeutschen Zeitung« gebracht, die im Oktober die Douglas-Tochter samt Geschäftsführung wegen ihrer Konditionenpolitik an den Pranger stellte.

Verkehrte Welt. Als der Artikel erschien, holte der »harte Hund«, als der Vogel in der »SZ« dastand, längst nicht mehr für Thalia, sondern für kleine, unabhängige Buchhandlungen das Optimum bei den Verlagskonditio­nen heraus. »In Verhandlungssituationen sollte man hart, fair und sympathisch bleiben«, lautet seine Überzeugung. Gerechtigkeit? Für Vogel im Geschäftsleben keine Kategorie. Es gehe darum, »ge­-
meinsam Wertschöpfung zu realisieren«, im Klartext: Beide Seiten müssen profitieren. Wenn es nach ihm ginge, würde die Konditionenfrage strikt leistungsorientiert, nachvollziehbar und vor allem transparent gestaltet werden.

Die EK-Buchhändler jedenfalls müssen bereit sein, für gute Konditionen auch gute Leistungen zu erbringen. »Verbindlichkeit ist mir wichtig, die versprochenen Marketingmaßnahmen und Abnahmemengen müssen den Verlagen garantiert werden«, sagt Vogel. Für das Marketing stehen ihm bei der EK von der Werbung über das Controlling bis zum Vertrieb eingespiel­te Teams zur Seite. Künftig will die EK auch in spezifisches Know-how in Sachen Buchhandel investieren. Personal wird gesucht, im Fokus stehen die Themen Zentrallogistik und E-Commerce.

Mit der One-Man-Show wird es für Vogel in Bielefeld-Stieghorst also bald vorbei sein. Aber jetzt steht erst mal Urlaub an. Endlich Zeit für die Familie, für das neue Haus und lange Spaziergänge. Möglicherweise diskutiert sein Ältester unterwegs mit dem Vater seinen Berufswunsch Buchhändler. Vogel wird ihm »ins Gewissen reden«, ihm klarmachen, »wo die Schwierigkeiten liegen«. Aber vielleicht schafft er es ja auch, das Buch über die Flicks fertig zu lesen, das schon viel zu lange auf seinem Nachttisch liegt.