In Ihrem neuen Roman sind die (Anti-)Indentifikationsfiguren der Sterne-Koch Fritz Huwyler und der äußerst kochkundige tamilische Asylbewerber Maravan. Wie sind Sie als Autor auf den Koch gekommen, also dazu gekommen, Kochkunst zum Thema der Literatur zu machen?
Suter: Wenn ich nach einem Romanthema suche, stelle ich mir imer die klassische Frage: "Was wäre, wenn?" Diesmal hieß sie: Was wäre, wenn jemand eine Kunst beherrschte, mit der er andere Menschen beeinflussen kann, und diese Fähigkeit von anderen Leuten missbraucht würde? Diese Kunst wurde schließlich über Umwege zur Kochkunst. Und damit sie diesen Einfluss ausübte, wurde sie aphrodisierend.
Die Welt der Haute Cuisine ist in Ihrem Roman das Spiegelbild einer durch die Wirtschaftskrise erschütterten Welt. Ist daher ihr Sterne-Restaurant "Chez Huywler" eine Art kleine Titanic, auf der niemand bei bestem Essen und Trinken an den Untergang denken will?
Suter: Die Beschreibung des Restaurants an diesem Abend kann eher als Allegorie auf die Abschottung der Schweiz gegen aussen gelesen werden.
Ihr Roman "Der Koch" ist keineswegs ein Prosatext, in dem es ausschließlich um das Kochen geht. Wirtschaftskrise, Waffen- und Atomhandel, der Bürgerkrieg auf Sri Lanka sind ebenso Thema. Ist also das Kochen in Ihrem Roman eine Art Omelette Surprise, das die anderen Themen für den Leser verdaulicher macht?
Suter: Meine Romane sind immer Fiktionen, die in unserer Wirklichkeit spielen. Dass dabei aktuelle Themen berührt werden, ist logisch. Aber meine Geschichten dienen mir nicht als Zuckerglasur für bittere politische und gesellschaftskritische Botschaften. Das wäre ein Missverständnis.
Maravan ist allerdings ein Meister der aphrodisischen Küche, Esslust paart sich da mit Liebes- und Sinnenlust. Geht also Liebe doch durch den Magen – wenn auch anders als das Sprichwort meint?
Suter: Essen ist nun einmal ein sinnlicher Vorgang. Wahrscheinlich haben die meisten Liebesbeziehungen mit einem Essen begonnen.
Am Schluss Ihres Romans sind Maravans Rezepte in leichter Abwandlung abgedruckt. Ist das zur Nachahmung empfohlen oder ein reiner Scherz des Autors?
Suter: Die Rezepte stammen aus der aphrodisischen ayurvedischen Küche. Ich habe sie an die Molekularküche adaptiert, und der berühmte deutsche Molekularkoch Heiko Antoniewicz hat sie überprüft und nachkochbar rezeptiert. Es sind keineswegs Scherzmenüs. Für deren erotisierende Wirkung verbürgen wir uns allerdings nicht.
Wenn so viel von Kochen im Roman die Rede ist, drängt sich eine Frage auf: Kochen Sie selbst? Und: Haben Sie schon einmal eines von Maravans Rezepten ausprobiert?
Suter: Ich koche fast jeden Tag. Und das eine oder andere der Currys von Maravan habe ich schon selbst gekocht.
Mehr über kulinarische Romane im aktuellen Börsenblatt – auf 12 Seiten rund um das Thema Essen &Trinken.