All you need is books – englische Bücher im deutschen Buchhandel

25. Februar 2010
Redaktion Börsenblatt
Spätestens seit der fünfte Band der Harry-Potter-Reihe in englischer Originalausgabe die deutschen Bestsellerlisten im Sturm eroberte, sind englischsprachige Bücher nicht mehr aus den deutschen Buchhandlungen wegzudenken. Besonders junge Leser greifen immer häufiger zum Original und längst liegt das größte Absatzpotenzial für den Buchhandel nicht mehr nur beim Klassensatz von George Orwells „Animal Farm“. Eine Analyse von Sabrina Basler

Erstmals schaffte es im Jahr 2003 „Harry Potter and the Order of the Phoenix“ auf Platz 1 der deutschen Bestsellerlisten. Auch die nachfolgenden Bände der Fantasy-Reihe wurden auf Englisch zum Erfolg in Deutschland . Zuletzt landeten auch die amerikanischen Autoren Christopher Paolini, Stephenie Meyer und Dan Brown mit ihren von den Fans sehnsüchtig erwarteten neuen Werken in den Top 10 der deutschen Verkaufscharts. Freilich bleiben solch hohe Platzierungen originalsprachiger Titel noch immer eine Ausnahme, doch zeigen sie deutlich das Potenzial des englischen Sortiments, sowohl für Käufer als auch Verkäufer. Denn: Wer einmal im Original liest, der tut dies auch wieder.

Vom Klassiker bis zum Kochbuch

Während manche Leser den Griff zum Original nur wagen, wenn die deutsche Ausgabe noch nicht verfügbar ist, entscheiden sich andere bewusst gegen den Umweg über die Übersetzung. Für viele stellt das Lesen in einer Fremdsprache die einfachste Möglichkeit dar, die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern. Andere beherrschen die Sprache bereits und lehnen gerade deswegen die verfälschende Wirkung der Übersetzung ab, gerade in Zeiten, wo Schnelligkeit über Sorgfalt geht. In jedem Falle sieht der globalisierte Leser im originalsprachigen Buch kein Hindernis, sondern bestenfalls sogar einen Mehrwert im eigenen Bücherregal.

So vielfältig wie die Motivation der Leser ist auch die Wahl der Inhalte. Von den Klassikern der englischen und amerikanischen Literatur bis zu den Anführern der aktuellen Bestsellerlisten, von Belletristik über Sachbücher bis hin zum Kochbuch: die Nachfrage im englischsprachigen Sortiment ist nicht weniger vielfältig als bei deutschen Titeln. Gerade gewohnheitsmäßige Leser der Originalausgaben legen vor allem wert auf eine breite Verfügbarkeit verschiedenster Inhalte.

Wachsende Nachfrage, wachsendes Angebot

Den Trend hat der deutsche Buchhandel freilich längst erkannt. Kaum eine Filiale der großen Ketten, die noch keine britisch beflaggte Fremdsprachenabteilung pflegt, und der Bahnhofsbuchhandel sieht diese sowieso seit jeher als Grundservice für internationale Reisende. Doch auch immer mehr unabhängige Buchhandlungen steigen in das Geschäft mit dem Original ein. Gerade für diese sind die zuletzt immer weiter ausgebauten Angebote der Barsortimente von großer Bedeutung. Neben KNV und Libri verstärkte zuletzt auch Umbreit, durch die Übernahme des Importpioniers Petersen, seine Bemühungen um das fremdsprachige Sortiment. Neben den typischen Barsortimentsleistungen punktet der Zwischenbuchhandel vor allem mit Zusatzangeboten, die den Einstieg und die Pflege des Fremdsprachensortiments erleichtern sollen. Viele Herausforderungen und Probleme, die der Markt für englische Bücher bereithält, werden dem Buchhändler durch spezielle Serviceangebote abgenommen. So bieten sie die Zusammenstellung von Warenpaketen, Schulungen und Themenseminare, eigene Kataloge, Werbemittel für den Kunden und vor allem attraktive Rabattkonditionen. Die Bestellung erfolgt unkompliziert über die bereits installierten Warenwirtschaftssysteme. Auf diesem Weg soll dem interessierten Buchhändler der Einstieg so leicht gemacht werden wie möglich, denn besonders die Zusammenstellung des Sortiments kann arbeitsintensiv sein.

Trotz dieser Fülle an Serviceleistungen, die die Barsortimente ihren Kunden bieten, scheuen besonders kleine Buchhandlungen häufig dennoch den Einstieg in das Sortiment. Denn gerade dort, wo der Fokus auf der eigenen Beratungskompetenz liegt, sehen sich Buchhändler freilich in der Verantwortung, dem Kunden nicht nur ein präsentables Sortiment an englischsprachigen Büchern bereitzustellen, sondern dieses auch mit der nötigen Sachkenntnis zu pflegen. Der alleinige Einsatz von standardisierten Warenpaketen ohne tiefergehende eigene Sortimentskompetenz wird hier unter Umständen als Betrug an der eigenen Berufsehre verstanden. Gleichzeitig ist eine wirklich tief gehende Kenntnis des fremden Marktes, seiner Neuerscheinungen und Geheimtipps, mit einem nicht zu unterschätzenden Mehraufwand verbunden, den die relativ geringen Umsatzanteile des fremdsprachigen Sortiments nicht immer rechtfertigen können.

Kompetenz durch Präsenz

Dabei sollten Buchhändler weniger auf mutmaßliche Stolpersteine beim Geschäft mit dem Original achten, sondern vor allem die großen Chancen im Auge behalten. Denn mehr als die detailgenaue Kenntnis des gesamten Marktes zählt es, überhaupt Präsenz zu zeigen. Und hierfür genügt in vielen Fällen tatsächlich eine grundlegende Auswahl an Titeln, die dem Leser in erster Linie signalisiert: Wir führen auch englischsprachige Bücher! Ein Zeichen, das der stationäre Handel setzen sollte, um im Geschäft mit dem Original nicht unnötig Umsatzanteile an den Onlinehandel zu verschenken. Denn gerade im Nischenmarkt, um den es sich trotz steigender Nachfrage bei dem Handel mit dem englischen Buch noch immer handelt, zeigt allein dessen Berücksichtigung im Sortiment dem Kunden, dass er einen kompetenten Ansprechpartner gefunden hat. Die Betreuung interessierter Käufer sowie das Besorgungsgeschäft für die Selben ist dann, dank der umfangreichen Lagerhaltung der Importanbieter und dem Zugang zu den dazugehörigen Datenbanken, nur noch eine Formalität.