Ausstellungen

"Und über allem steht der Friedenspreis"

23. März 2010
Redaktion Börsenblatt
Es gebe, so mutmaßte der Verleger Klaus G. Saur, "ungefähr 1425 Literaturpreise" in Deutschland. Er sei sicher, dass kein Mensch in der Lage sei, mehr als zehn davon aufzuzählen. "Und darüber steht der Friedenspreis." Schöner hätte man die vom Börsenverein ausgerichtete Wanderausstellung zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels kaum eröffnen können, die derzeit in der Staatsbibliothek zu Berlin zu sehen ist.
"Widerreden", heißt die Schau, die die sechzigjährige Geschichte des Preises anhand von Bildern, Erläuterungen und Zeitzeugenberichten nachzeichnet. Da kann man zum Beispiel in den Werken der Preisträger blättern, oder ihre in einem Sammelband ausliegenden Reden nachlesen. Es hängt aber auch der Sitzplan des Friedenspreisessens von 1968 aus, auf dem der Ehrentisch des Preisträgers mit einem großen "E" verzeichnet ist. Begleitend ist ein Buch erschienen, in dem viele prominente Autoren die Geschichte des Preises beleuchten (Widerreden – 60 Jahre Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Hrsg. v. Stephan Füssel, Wolfgang Frühwald u.a. MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH, 456 Seiten, 34,90. Bestellbar unter 069-1306-550 oder vertrieb@mvb-online.de). Nach Stationen in München, Frankfurt und Leipzig ist die Ausstellung noch bis zum 10. April im Foyer des Hauses am Potsdamer Platz zu sehen, dann tourt sie durch weitere Städte.

Bei der Berliner Eröffnung ließ Klaus G. Saur, ehemaliges Vorstandsmitglied des Börsenvereins und Vorsitzender der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin, zunächst die Geschichte des durch den Börsenverein vergebenen Preises Revue passieren – angefangen bei der ersten Verleihung an den im norwegischen Exil lebenden Lektor und Autor Max Tau 1950, über die zunehmende Internationalisierung und Etablierung des Preises während der folgenden Jahrzehnte, bis hin zu den jüngeren Vergaben.

Als eine "Dennoch-Urkunde" hatte der Bürgerrechtler und Theologe Friedrich Schorlemmer, Preisträger des Jahres 1993, den Friedenspreis in seiner damaligen Rede bezeichnet – also als eine Urkunde des Widerstands gegen die Vorstellung, man könne nichts für den Frieden tun. Was aber Frieden heute überhaupt bedeutet, wie er zu schaffen und zu wahren ist und welche Rolle der Preis dabei künftig spielen könnte, darüber diskutierte Schorlemmer in der Staatsbibliothek mit dem Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse.

Schorlemmer zitierte eine Idee Kants, wonach es dem Frieden nicht dienlich sei, wenn man Siege feiert. "Nicht über den anderen siegen, sondern den anderen gewinnen!," rief er aus, und forderte einen globalen Diskurs über die Ursachen von Fanatismus und Terrorismus.

Thierse hob den engen Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit hervor: Es gehe nicht allein um die Abwesenheit gewaltsamer Auseinandersetzungen, sondern vor allem um die Überwindung jener sozialen,  ökonomischen oder politischen Benachteilungen, die erst zu solchen Konflikten führten. Dies sei zur Not auch mithilfe der Bundeswehr zu bewerkstelligen: Deren Präsenz in Afghanistan wurde von Thierse zwar bedauert, aber letztlich als Notwendigkeit rechtfertigt, während Schorlemmer sich diesbezüglich skeptischer äußerte und darauf verwies, dass bei diesem seit Jahren andauernden Konflikt kein Ende absehbar sei.

Und der Friedenspreis? Der sei keineswegs ein "intellektuelles Hochamt," betonte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, in seinem Grußwort. Und auch Schorlemmer bekannte, er habe die Preisverleihung in der Paulskirche Jahr für Jahr als ein "bürgerschaftliches Ereignis" genossen, das – obwohl Staatspräsidenten daran teilnahmen – "keine Steifheit hatte." Eine Anregung für die Zukunft hatte er dennoch: "Mehr Frauen einbeziehen".