Kinder- und Jugendbuch

Untote in Frischhaltefolie

26. März 2010
Redaktion Börsenblatt
Heute geht in Bologna die 47. Jugendbuchmesse zu Ende. Der Trend geht wieder mehr in Richtung Realismus, Phantastik bildet den Übergang, des öfteren mit Werwölfen, Dystopien werden allerorten angeboten, die Untoten ächzen standhaft weiter. Und: Inzwischen mischen auch die Belletristikverlage mit.

Herrschte am ersten Messetag zwar gewohnte Geschäftigkeit, füllte sich die Messe am zweiten Tag sichtlich. Ursache war nicht das Hin und Her um die Dauer der Messe, die nach Protesten nun doch vier Tage währt, sondern Streiks. Die British Airways streikte, und die englischen Verleger mussten bei anderen Fluggesellschaften neu buchen, in Italien selbst sorgten die Streiks von Alitalia und Meridiana für Chaos. Deutsche Verleger konnten nicht in Bologna landen, sondern wurden nach Mailand und Venedig umgeleitet und mussten von dort aus versuchen weiterzukommen; wer nach Streikende in Bologna landete, durfte erst einmal in der Maschine sitzen bleiben - ohne Bus ging es nicht vom Rollfeld. Auch während der Messe streikte der öffentliche Nahverkehr immer wieder, entsprechend waren die Taxis zur Messe begehrt. Lo sciopero (Streik) war allgegenwärtig.


Wie bereits im vergangenen Jahr waren wenig Lektoren aus amerikanischen Verlagen angereist, die meist ihre Lizenzverkäufer geschickt hatten. Bei den deutschsprachigen Verlagen hingegen glänzte niemand durch Abwesenheit, hier galt business as usual. Die deutschen Verleger waren zufrieden, "die Wirtschaftskrise ist bei den Jugendbuchverlagen nicht eingetreten", sagt avj-Vorsitzender Ulrich Störiko-Blume. "Noch nie hat sich die Buchkonjunktur parallel zur Wirtschaftskonjunktur entwickelt."

Wohin man in den Hallen schaute, waren die fantastischen Welten immer noch der Hauptmotor des Jugendbuchmarkts. Die Untoten wollen partout nicht sterben, und auch wenn Verleger die Vampire & Co. über hatten, suchten sie unterderhand doch nach neuem Bis(s). Fantasy gilt unverändert als sichere Bank. Das erkannten wohl auch die Belletristik-Verlage, deren Programmmacher nach All-Age-tauglichen Titeln Ausschau hielten, oft zum Ärger der Jugendbuchverlage, die bei der Höhe der gebotenen Summen nicht mehr mitbieten konnten. "Die Belletristikverlage sehen ja, dass viele Titel auf den Bestsellerlisten stehen und absolut erfolgreich sind", sagt Ulrich Störiko-Blume. Allerdings nehmen auch potente Kinderbuchverlage nach Zeiten der Zurückhaltung wieder mehr Geld in die Hand, hat Beate Kuckertz, Verlagsleiterin Belletristik bei Droemer Knaur, beobachtet.

Neben den Untoten verstärkt sich der Trend zu "Dystopien, Weltuntergangsszenarien, negativen Gesellschaftsentwürfen, die einem häufig angeboten werden", hat nicht nur Oetinger-Verlegerin Silke Weitendorf beobachtet. "Es wird immer gruftiger", fasst Jeanette Hammerschmidt von Loewe zusammen.Die Dystopien zeigen auch eine Verschiebung in Richtung mehr Realismus. Phantastik statt Fantasy, also im Hier und Jetzt spielende Geschichten mit fantastischen Elementen sind verstärkt zu finden, und: Durch die Hallen heulten diesjahr des öfteren Werwölfe. Ob's ein Nachfolgetrend zu den Vampiren wird? Abwarten.