Lobbyarbeit für das Urheberrecht

5 vor 12 für die Kreativwirtschaft

26. April 2010
Redaktion Börsenblatt
"Wir brauchen eine Internetdebatte, die sich entideologisiert", sagte Dieter Gorny auf einer Pressekonferenz heute am Internationalen Tag des geistigen Eigentums in Berlin. In der ver.di Bundesverwaltung trafen sich Vertreter der Buch-, Film-, Musik- und TV-Branche, um über die Postitionen und Forderungen der Kreativwirtschaft hinsichtlich des Urheberrechts zu informieren.

Zu Beginn der Konferenz wurde die im März veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens Tera Consultants vorgestellt, die drei zentrale Fragen zu beantworten versucht:

  1. Welchen Beitrag leistet die Kreativwirtschaft zur europäischen Wirtschaft, gemessen in Bruttoinlandsprodukt und Arbeitsplätzen?
  2. Welche Folgen hat Piraterie auf Einzelhandelsumsätze und Arbeitsplätze?
  3. Wie hoch werden diese Verluste im Jahr 2015 ausfallen, falls sich die aktuelle Politik in der Europäischen Union nicht ändert?
Laut Studie hat die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet allein in Deutschland 2008 bei Produktion und Vertrieb von Spielfilmen, TV-Serien, Musik und Software einen Schaden von 1,2 Milliarden Euro verursacht und damit rund 34.000 Arbeitsplätze gekostet. 

 

Zum Gespräch standen zur Verfügung:

 

  • Jürgen Doetz (Präsident des Verbands privater Rundfunk- und Telemedien, VPRT)
"Unsere Kernpotschaft heute lautet: Es muss gehandelt werden. Ein Hauptproblem sind die illegalen Streaming-Angebote aus dem Ausland. Um diesen Entgegenzuwirken ist eine bessere Zusammenarbeit auf internationaler Ebene dringend notwendig."

  • Dieter Gorny (Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie, BVMI)
"Das Internet ist nichts, ohne diejenigen, die den Contant entwickeln. Wir brauchen eine Internetdebatte, die sich entideologisiert. Wir brauchen eine Straßenverkehrsordnung für das Medium Internet. Wir brauchen Rahmenbedingungen und educative Elemente."

  • Peter Henning (Mitglied im Vorstand des Verbands Deutscher Drehbuchautoren, VDD)
"Wir Drehbuchautoren sind froh, dass endlich Bewegung in die Diskussion kommt. Es geht um den Spagat zwischen kreativer Freiheit und ökonomischer Notwendigkeit. Viele Nutzer denken, der Rohstoff Idee ist im Internet frei abrufbar. Die Bereitschaft, für eine Idee Geld auszugeben ist spürbar weniger geworden. Aber wir können nur arbeiten, wenn wir auch die soziale Sicherheit haben. Es kann sich jeder vorstellen, was es für das geistige Eigentum der Gesellschaft bedeutet, wenn wir irgendwann nur noch Hobbykünstler haben."

  • Christiane von Wahlert (Spitzenorganisation der Filmwirtschaft, SPIO)
"Die gute Nachricht aus der Filmwirtschaft: Das Kino ist wieder attraktiv geworden. Durch die technischen Entwicklungen gibt es wieder Alleinstellungsmerkmale. Die schlechte Nachricht: Fast alle Filme sind illegal im Netz zu haben. Es muss zu Kooperationen mit den Internetprovidern kommen. Dazu brauchen wir die Hilfe der Politik und der Medien."

  • Alexander Skipis (Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins)
"Unsere Hauptforderung an die Bundesregierung lautet, ein klares Konzept zum Schutz des geistigen Eigentums zu schaffen. Internationale Standards müssen geschaffen werden. Die rechtlichen Szenarien sind nicht zeitgemäß. Wir wollen erst einmal aufklären, d.h. wir möchten ein Warnmodell etablieren, mit dem der Nutzer darauf hingewiesen wird, dass er illegal gehandelt hat. Es geht vor allem um Aufklärung - solche Kampagnen gehören auch in die Stundenpläne der Schulen."


  • Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Bereichsleiter Kunst und Kultur der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di)

"Warum gibt es diese gemeinsame Pressekonferenz? Sie resultiert aus dem gemeinsamen Auftreten der Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbände im Sozialen Dialog des AV-Bereichs auf europäischer Ebene. Gegenüber dem Parlament und der Kommission wurden Forderungen zum Schutz von Kreativität, Innovation und Arbeitsplätzen gestellt. Ein positives Beispiel aus der Vergangenheit ist das gemeinsame Auftreten des Schriftstellerverbands VS in ver.di und des Börsenvereins im Verbund mit der VG Wort bezüglich des Google Book Settlements. Gemeinsam konnte ausreichend Öffentlichkeit erzielt und Druck auf die Poltik ausgeübt werden, um diese zum Handeln zu zwingen. Wir werden in diesem Prozess mit aller Entschiedenheit dafür eintreten, dass die Kommunikations- und Meinungsfreiheit auch im digitalen Raum geschützt bleibt. Wir haben die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt, wir lehnen Elena ab und dabei bleibt es"

Die in ihren wichtigsten Ergebnissen vorgestellte Tera-Studie wurde von den Anwesenden der Kreativwirtschaft durchaus methodisch hinterfragt und kritisiert. "Überprüfungen und Korrekturen sind wohl erforderlich", so Bleicher-Nagelsmann. "Die dargestellten Größenordnungen und möglichen Entwicklungslinien müssen aber zumindest nachdenklich stimmen und als deutliches Warnsignal gesehen werden. Auf jeden Fall ist dies für uns der Anlass zu fordern, dass eine umfangreiche und valide Studie für Deutschland über die wirtschaftlichen Auswirkungen der widerrechtlichen Nutzung geschützter Werke vorgelegt wird."