Berlin

Spatenstich-Party am Aufbau-Haus

21. Mai 2010
von Börsenblatt
„Aufbau bewegt“ – so lautet der neue Slogan des Verlages, der selbst gerade sehr bewegte Zeiten hinter sich hat. Gestern fand in Berlin nun die offizielle Baustellenbegehung und Schildaufstellung für das neue Aufbau-Haus statt.

Der einst größte belletristische Verlag der DDR, der neben sozialistischem Realismus viele gediegene Klassiker-Ausgaben im Programm hatte, stand vor zwei Jahren am Abgrund, als die musische Liaison mit dem Immobilieninvestor Bernd Lunkewitz an ihr überraschendes Ende kam: Plötzlich versiegte der Geldzufluss, schwerkalibrige Vorwürfe wechselten die Seiten wie in einer aus den Fugen geratenen Ehe. Aber das beizeiten eingeleitete Insolvenzverfahren konnte den Verlag retten.  

Im Oktober 2008 wurde Aufbau vom Kultur-Unternehmer Matthias Koch übernommen. Der Verlag wechselte vom Hackeschen Markt vorerst in ein Übergangsquartier in der Kreuzberger Lindenstraße. Sein definitives Domizil wird er im Frühjahr 2011 finden: das neue „Aufbau-Haus“ am Kreuzberger Moritzplatz. In das entstehende Kreativ-Zentrum mit 17.000 Quadratmeter Nutzfläche werden neben dem Verlag und der Edition Braus eine Buchhandlung, ein Theater, ein Club, eine Galerie sowie das Gestalterkaufhaus „Planet Modulor” einziehen, dazu eine Kita, Ateliers, Werkstätten. Interdisziplinäre Funken sollen überspringen, kulturelle Aktivitäten, soziale Projekte und Buchinhalte zusammengeführt werden. Das Aufbau-Haus – ein Ort für Begegnungen und Veranstaltungen, der das entschwundene urbane Leben auf den Moritzplatz zurückbringen soll.

Am Donnerstagabend hatte der Verlag zur offiziellen Baustellenbegehung geladen: feierlicher Spatenstich und Schildaufstellung. Mit den Bauleitern führte Eigentümer Matthias Koch die Gäste selbst erläuternd durch das in Kernsanierung begriffene Bechstein-Haus aus den frühen Siebziger Jahren, wo lange die berühmten Klaviere hergestellt wurden. Das mit seinen Waschbetonplatten und den rötlich verspiegelten Palast-der-Republik-Fenstern längst unansehnlich gewordene Gebäude bekommt ein komplettes Make-Over und einen Vorbau; am Ende wird es mitsamt dem prekären Platz nicht wiederzuerkennen sein. Erhalten, wenn auch umfunktioniert wird das Schwimmbad im Inneren, wo der letzte Bechstein-Chef seine Runden kraulte. Bar und Tanzfläche sollen dort einziehen unterm pittoresken Seventies-Fischmosaik. (Wer eine virtuelle Webcam-Baustellenbesichtigung vornehmen möchte, kann dies tun unter aufbauhaus.de.

Gefeiert wurde nach dem Rundgang in den Prinzessinnengärten gegenüber der Baustelle – entgegen dem romantischen Namen handelt es sich um eine Bombenkriegs-Brache, auf der einst ein Wertheim-Warenhaus stand. Derzeit wird sie für urbane Öko-Landwirtschaft genutzt; in transportablen Hochbeeten wachsen Salate und Kräuter. An diesem Abend gab es dazwischen auch ein Beet mit den Aufbau-Novitäten des kommenden Herbstes; vielversprechende Pflänzchen.

Bevor der Grill mit Biowürsten eröffnet wurde, sprachen die Geschäftsführer René Strien und Tom Erben Grußworte. Allerhand Zuversichtliches, versteht sich. Man habe eine neue Verlagsidentität und einen neuen Auftritt gefunden. Stolz präsentierten sie das erste Buch mit dem aufgefrischten Aufbau-Logo: Jan-Erik Pettersons Biographie des früh verstorbenen Krimi-Phänomens Stieg Larsson. Mit der Lebensgeschichte des wackeren Kämpfers gegen den Rechtsradikalismus setzt der Verlag auf zeitgemäße Weise seine ruhmreiche Tradition des Antifaschismus fort.

Ein Zelt war aufgestellt, in dem die Kabarettistin Gayle Tufts ihre transatlantischen Pointen servierte. Am Ende sang sie dem Aufbau-Verlag, in dem sie selbst ihr Taschenbuch „Miss America“ publiziert hat, ein rührendes Ständchen auf Basis des umgetexteten Beatles-Songs „Paperback Writer“. Auf „I had the dream to write a book“ reimte Tufts schön unrein den Namen ihres Lektors Gunnar Cynybulk. Da war nicht nur der Applaus der Aufbau-Mitarbeiter frenetisch. 

 

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