Stärkung des Mediums Buch ist jetzt besonders wichtig

4. Juni 2010
Redaktion Börsenblatt
Zum Thema Branchenmarketing - Braucht die Buchbranche eine Imagepolitur? Verpönt, aber notwendig? Wenn es um die Erhaltung einer Branche geht, die sich in Zeiten der Digitalisierung neuen Tendenzen anpassen muss, aber auch ihren traditionsreichen Kern nicht in Vergessenheit geraten lassen will, ist Branchenmarketing ein Weg. Ein Kommentar von Kristin Siegele

Die Entwicklung des Buchmarktes ist durch Konzentration, verkürzte Wertschöpfungsketten  und damit einhergehenden Existenzängsten gekennzeichnet  und gerade deswegen könnte eine Stärkung des Mediums Buch und der Lektüre jetzt besonders wichtig sein.

Bei der Ausarbeitung einiger Vorschläge in der Vergangenheit wurde lamentiert, dass der Buchbranche ein gemeinsames Problem fehle, was auch vom Leiter Kommunikation, PR und Marketing im Börsenverein Holger Volland erst im März angesprochen wurde. Zudem wird eine übergreifende Kampagne wohl von einigen als nicht notwendig angesehen, da es dem Buch und seinem Image (noch) gut geht. Fehlt also die Motivation? Ist ein Gütesiegel, das dem Kunden signalisiert „Da steckt Gutes drin“, überhaupt notwendig?

Es stellt sich zunächst die Frage, was Branchenmarketing eigentlich in den Mittelpunkt stellt: ist es das Lesen? Oder ist es das Medium Buch? Oder sind es vielmehr die Leistungen und Qualitäten der einzelnen Branchenteilnehmer? Das damit einhergehende Ziel kann die Lese- und damit auch Absatzförderung und schließlich ein Imagegewinn für die gesamte Branche sein. Dieser kann wiederum zu einer Erweiterung der Kundenbasis führen, zu langfristigen Kundenbeziehungen beitragen und damit auch zu mehr Gewinn. Der Hintergrund der Branche, ihre Rahmenbedingungen und Struktur, ihre Leistungen und vor allem die Zielgruppe sind Aspekte, die beim Konzept des Branchenmarketings eine Rolle spielen. Vor allem die Frage, wie die Branche von den Kunden oder potenziellen Kunden gesehen wird, ist in diesem Kontext interessant. Doch hier scheint ein Problem zu liegen, wenn es um die Buchbranche geht:  obwohl die Herausforderungen auf allen Wertschöpfungsstufen immer größer werden, kann sich anscheinend keiner dazu aufraffen, die Initiative zu ergreifen.

Das mag auch daran liegen, dass die Unternehmensstrukturen sehr heterogen sind: kleine Buchhandlungen haben andere Probleme, Möglichkeiten und Interessen als die großen Filialisten, ein Sachbuchverlag steht vor anderen Schwierigkeiten als ein Belletristikverlag. Die Produktpalette und die Kundenkreise sind von ebenso großer Vielfalt. Diese Diversität unter einen Hut zu bringen, scheint eine Aufgabe zu sein, der sich bis jetzt keiner gewachsen fühlt.

Ein gemeinsames Problem könnte zum Beispiel die voranschreitende Digitalisierung und das damit einhergehende Verschwimmen der Grenzen zwischen den Medien sein. Alle Branchenteilnehmer haben nun, da das  gedruckte Buch seinen Körper zu verlieren droht und über ganz neue mediale Formen und Vertriebswege an den Kunden gebracht wird, mit der Angst zu kämpfen, übergangen zu werden und plötzlich kein Teil der Wertschöpfungskette mehr zu sein.

Vielleicht sollten diese tiefgreifenden Veränderungen durch eine Initiative thematisiert werden. Der Vorschlag von Thomas Wilking auf buchreport.de ein Konzept zu starten, das den Wandel und vor allem den Veränderungswillen kommuniziert, könnte eine Möglichkeit sein, die Stärken der Buchbranche öffentlichkeitswirksam zu vermitteln. Und dazu gehört nun mal auch eine gewisse Bereitschaft, sich den neuen Entwicklungen anzupassen (was den Ansichten hart gesottener Traditionalisten vielleicht entgegen strebt). Das muss jedoch nicht bedeuten, dass die historisch gewachsenen Qualitäten und Charakteristika des Geschäftsfeldes unter den Teppich fallen müssen. Es geht darum, die Vorzüge der Branche herauszustellen, wozu meiner Meinung nach durch Tradition gewachsene Erfahrung genauso gehört wie die Weiterentwicklung und Hinterfragung genau dieser. Denn eine von Kulturpessimismus geprägte Sichtweise bringt  auch hier nichts – kein besseres Image und auch keine Gewinnsteigerung. Die Betonung des Fortschrittsgedankens und der Zukunftschancen, die mit den neuen Entwicklungen im Kontext der Digitalisierung einhergehen, können vielmehr dazu genutzt werden, dem Kunden ein positives Bild der Buchbranche zu vermitteln.