Kommentar

Buchtage Berlin: "Einfach mal entschleunigen"

9. Juni 2010
Redaktion Börsenblatt
"Die Buchhändler und Verleger in Berlin dürften sich ein wenig wie Nadolnys Romanfigur fühlen." Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sabine Cronau.

Bei Tageslicht werden "Märkte von morgen" ausgeleuchtet, mit all der rastlosen, unabdingbaren Suche nach neuen Geschäftsmodellen. Am Abend dürfen sich die Gäste der Buchtage Berlin in der Kulturbrauerei (unter anderem) in der "Entdeckung der Langsamkeit" üben, bei einer szenischen Lesung nach Sten Nadolny.

Auf zu neuen Ufern: Ein wenig werden sich die Buchhändler und Verleger, die in dieser Woche zum Branchenkongress am Alexanderplatz zusammenkommen, wie Nadolnys Romanfigur fühlen, der Seefahrer John Franklin: Entdeckerlust und Forschergeist segeln mit auf dem digitalen Meer der Möglichkeiten, aber auch das ungute Gefühl, mit dem Echtzeit-Tempo der digitalen Medienwelt nicht immer Schritt halten zu können – und vielleicht auch gar nicht zu wollen. "Stärker als alle Voraussagen sind Zufall und Widerspruch", heißt es in Nadolnys Roman. Keine schlechte Devise für alle, die sich den "Märkten von morgen" nicht stromlinienförmig nähern wollen.

Langsam, aber beharrlich: Auch so kommt man ans Ziel. Nur aufbrechen, das muss man. Deshalb ist es schade, dass in Berlin deutlich weniger Buchhändler als Verleger den Kurs der Branche berechnen – obwohl Vorstandswahlen anstehen und für das Sortiment mehr Kandidaten antreten, als Ämter zu vergeben sind. Doch der Handel hält sich zurück. Hat er das Gefühl, bei Meinungsführern aus Politik und iPionierwesen nicht in der richtigen Mann­schaft zu sein? Der Börsenverein darf nicht lockerlassen, muss ihn an Bord holen, Nähe suchen und geben, vielleicht selbst mal entschleunigen. Der Buchhandel fehlt der Branche sonst auf rauer See.