LG Buch

Michael Fürtjes: "Das Alltagsgeschäft langfristig beflügeln"

17. Juni 2010
Redaktion Börsenblatt
Die LG Buch hat eine schwierige Zeit hinter sich, doch längst blicken die Mitglieder wieder nach vorn. Ab morgen treffen sie sich in Würzburg zu ihrer diesjährigen Jahrestagung. Wo der Verbund jetzt steht, wie die Stimmung ist und wie es weitergeht? Ein Gespräch mit dem geschäftsführenden Vorstand Michael Fürtjes – über kreative Unruhe und neue Eckpfeiler der Strategie.
Als Sie vor einem Jahr als geschäftsführender Vorstand bei der LG Buch angetreten sind, sah es für manche so aus, als bewege sich der Verbund auf einem Schlingerkurs. Stimmt die Richtung wieder?
Fürtjes: Von einem Schlingerkurs konnte aus meiner Sicht schon damals keine Rede sein. Bevor ich zur LG Buch kam, hatten die Mitglieder die Weichen längst gestellt: Die LG Buch sollte eigenständig bleiben und eine strategische Partnerschaft mit der BAG eingehen. Damit habe ich eine klare Arbeitsgrundlage vorgefunden.

Wie haben Sie Ihren Start erlebt?
Fürtjes: Als ich bei der LG Buch anfing, gab es so etwas wie eine neugierige, also kreative Unruhe. Und die versuche ich seitdem wach zu halten – was bei einer ganzen Reihe von Mitgliedern auch gelungen ist. Wir haben im vergangenen Jahr die Grundausrichtung der LG Buch, nämlich mit Verlagen partnerschaftlich zusammen zu arbeiten, wieder mehr ins Bewusstsein der Mitglieder gebracht.

Morgen beginnt Ihre Jahrestagung 2010. Mit welcher Bilanz fahren Sie nach Würzburg?  
Fürtjes: Wir haben das vergangene Geschäftsjahr mit einem klaren positiven Ergebnis abgeschlossen, und darüber bin ich sehr froh.

„Gemeinsam gelingt Leistung leichter“: So lautet das zungenbrecherische Motto für Würzburg. Welche Absicht verfolgen Sie?  
Fürtjes: Es soll einfach klarer werden, welchen Nutzen man hat, wenn man sich bei der LG Buch engagiert. Und dabei denken wir durchaus an beide Seiten, an das Sortiment – und an unsere Partnerverlage. Darauf haben wir das Programm ausgerichtet.

Auf welche Veranstaltung sind Sie besonders gespannt?

Fürtjes: Auf die Podiumsdiskussion am Samstagnachmittag. Dort diskutieren Verlagsleute und Buchhändler ihre gegenseitigen Erwartungen und loten aus, wie das Miteinander zu optimieren ist.

Rowohlt und Fischer bleiben auf Distanz. Werden Sie einen neuen Anlauf nehmen?
Fürtjes: Die beiden Holtzbrinck-Verlage waren lange Zeit Partnerverlage der LG Buch – seit einigen Jahren sind sie es nicht mehr. Doch wir reden selbstverständlich miteinander, bleiben also im Gespräch.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit anderen Verlagen?
Fürtjes: Immer besser. Seit Beginn dieses Jahres haben wir mit Piper, Hoffmann und Campe und Wagenbach wichtige neue Partner hinzugewonnen. Ab Juli arbeiten wir auch mit Travel House Media zusammen. Außerdem haben wir die Kontakte zu einigen langjährigen Partnern intensiviert.

Geht die Ausdehnung der Partnerschaften weiter?
Fürtjes: Ja und nein. Mir geht es weniger darum, möglichst viele Verlage zu Partnern zu gewinnen, als vielmehr das Potential bestehender Partnerschaften weiter auszuschöpfen – und solche Verlage als neue Partner zu gewinnen, die für möglichst alle unserer Mitgliedsbuchhandlungen wichtig sind. Das heißt: Dass sie für sie umsatzrelevant sind.

Die Kooperation mit der BAG ist längst in trockenen Tüchern. Mittlerweile wurde die BAG von der DZB Bank übernommen. Bekommt dieser Verkauf Ihren Applaus?   
Fürtjes: Keine Frage, ich begrüße die Entscheidung. Eine stabile BAG, die mittel- und langfristig gerade für die kleinen und mittleren unabhängigen Sortimente wichtige Dienstleistungen erbringen kann, ist von entscheidender Bedeutung für uns – und die gesamte Branche. Unsere strategische Partnerschaft mit der BAG erweist sich rückblickend als richtungsweisend: Denn die LG Buch hat, anders als andere, das Abrechnungsvolumen der BAG nicht verringert.

Am Sinn der Leistungsgruppe innerhalb der LG Buch haben Sie anfangs jedoch gezweifelt. Wie denken Sie heute?

Fürtjes: Ich habe nie bezweifelt, dass die Leistungsgruppe sinnvoll sein kann – nur so, wie sie bislang angelegt ist, spielt sie ihre Chancen nicht voll aus. Das Modell passt zwar, aber da geht noch mehr.  

Und was?
Fürtjes: Mehr Umsatz, indem wir mehr tun. Zur Leistungsgruppe gehören derzeit 42 Buchhandlungen, die mit einigen Verlagen besondere Aktionen vereinbaren und durchführen. Wir wollen das Verfahren jetzt spezifizieren, inhaltlich klarer fassen.

Das heißt?
Fürtjes: Das Konzept wird noch mit interessierten Mitgliedern genauer zu erarbeiten sein. Ich stelle mir vor, dass es nicht nur wie bisher eine Leistungsgruppe gibt, sondern mehrere. Die bündeln dann Aktivitäten zu bestimmten Themen. Eine könnte sich zum Beispiel auf das Thema Kinderbuch konzentrieren, eine andere auf gehobene Belletristik. Vorschläge dazu haben Mitglieder auf den vor kurzem stattgefundenen Regionaltreffen gemacht.

Diskutieren Sie auch über das Geschäft mit digitalen Inhalten?
Fürtjes: Ja, aber eher wenig. Wir sehen das sehr nüchtern: Wirtschaftlich gesehen sind für uns andere Dinge momentan deutlich wichtiger.  

Worauf richten Sie jetzt Ihren Fokus?
Fürtjes: Meine Aufgabe besteht darin, das Profil der LG Buch weiter zu schärfen und unsere Genossenschaft so attraktiv wie nur möglich zu machen. Dazu gehört, den Nutzen für die Mitglieder zu erhöhen und klarer herauszustellen, so neue Mitglieder zu gewinnen – und auf diesem Weg auch sicherzustellen, dass Verlage gern mit uns zusammenarbeiten.

Welches Signal könnte von Würzburg ausgehen?  
Fürtjes: Dass wir ein Verbund sind, der auf echte Partnerschaft setzt und sich in Richtung Zukunft bewegt – mit einem klaren Profil. Letztlich geht es doch darum, das Alltagsgeschäft unserer Mitgliedsbuchhandlungen langfristig zu beflügeln. Die strategische Neuausrichtung der Leistungsgruppe wird uns da ein gutes Stück weiterbringen.