Er sei bereits das zweite Mal in Seckbach, sagte Harry Rowohlt zu Beginn des Werkstattgesprächs vor den Schülern des Mediacampus Frankfurt und Vertretern der Presse. Rowohlt kennt den Mediacampus von einer Lesung 1996, als Irland Schwerpunktthema der Frankfurter Buchmesse war. "In der Buchhändlerschule war ich allerdings nie", sagte er. Siegfried Unseld, bei dem er seine Ausbildung gemacht hat, habe immer gesagt: "Was man da lernen kann, das setze ich voraus."
Dann kramt Harry Rowohlt in seiner blauen Leinentasche, auf der mit weißer Schrift Lindenstraße steht, und holt das Buch "Sie sind ein schlechter Mensch, Mr. Gum" hervor, aus dem der Autor neben anderen Werken heute Abend in Seckbach auch lesen wird.
Von Jungautoren werde er oft nach Tipps gefragt, so Rowohlt. Er antworte dann immer: "Machen sie es wie ich. Ich schreibe nur auf Bestellung und muss mir über die Veröffentlichung nie Gedanken machen." Auf die Frage nach seinem Verhältnis zu den Autoren, deren Werke er übersetzt, meint er: "Man lernt nie jemanden so erbarmungslos gut kennen, wie wenn man mit ihm verreist, oder ihn übersetzt. Ken Bruen etwa, von dem er bereits sieben Titel übersetzt hat, "macht wirklich alles, was ich hasse", flachst er. "Seine Badboys erkennt man immer daran, dass sie nach Knoblauch stinken und statt Espresso schreibt er immer Expresso." Bei Andy Stanton, dem Autor von "Mr. Gum" komme ein Räuberlied vor, das sich nicht reimt. Rowohlt hat kurzerhand einen Brief an den Autor geschrieben, ob er das in der Übersetzung verbessern könne. Stanton sei entsetzt gewesen. "Jetzt hab ich das von mir gereimte Lied im Nachwort versteckt", so Rowohlt.
Einfach machte es der Autor, Übersetzer und Hörbuchsprecher den Schülern an diesem Nachmittag nicht gerade. Auf die Frage, was Rowohlt als "Zeit"-Kolumnist dazu sage, dass die "Zeit", das Kinder- und Jugendbuch nicht mehr im Feuilleton sondern in der "KinderZEIT" stattfinden lässt, sagte Rowohlt: "Ich lese die 'Zeit' nicht, nur die Rückseite meiner Kolumne, bevor ich sie ausschneide. Und außerdem sind mir Kinderbücher ziemlich wurscht."
Nach seiner Übersetzertätigkeit gefragt, sagte Rowohlt: "Ich finde, die Übersetzer sollten die Hörbuchfassungen sprechen. Schließlich kennen sie den Text am Besten." Er selbst spreche nur, was er auch selbst geschrieben oder übersetzt habe. "Hörbücher höre ich, wenn ich mal blind bin, weil es mir zu anstrengend ist, die Schauspieler zu hören, bis die sich ausbetont haben." In "Fup" (Jim Dodge) habe er sich den Spaß erlaubt, einmal hörbar umzublättern. Schließlich soll es kein Geheimnis sein, dass aus echten Papierbüchern gelesen wird und man höre, dass er zwischendurch trinkt. "Das war aber nur Tee", sagt Rowohlt. Das höre man nicht.
Wenn er sich ein nächstes Projekt wünschen dürfe, dann sei das die Übersetzung von Oleg Jurjews "Die russische Fracht". Gespräche mit Suhrkamp diesbezüglich liefen bereits.
Alles in allem sei er mit seinen fünf Jobs - Übersetzer, Autor, Hörbuchsprecher, "Zeit"-Kolumnist und Penner in der Lindenstraße - sehr zufrieden. "Für zwei, drei dieser Jobs müsste man sich entschuldigen", so Rowohlt. "Aber alle fünf geht." In seiner Midlife Crisis habe er gedacht, er müsse auch mal etwas Körperliches machen. "Kendo wäre mir eingefallen", so Rowohlt. Und mit einem Halbtagsjob bei der Müllabfuhr hätte er es auch probiert.
Sabrina Gab