Kommentar zum E-Book-Vertrieb

Not macht erfinderisch

15. Juli 2010
Redaktion Börsenblatt
"Verlage werden sich Modelle überlegen müssen, die den Buchhandel integrieren." Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel.
Bertelsmann und Holtzbrinck, zwei Erzrivalen auf dem Buchmarkt, forcieren den gemeinsamen Direktvertrieb ihrer E-Books. Überraschend? Keinesfalls.  Beide Unternehmen können mit einer gemeinsamen Verkaufsplattform Kosten sparen. Die bisherigen Insellösungen – sowohl Bertelsmann als auch Holtzbrinck unterhalten eigene E-Book-Portale – kommen die Verlage teuer zu stehen, ohne genügend Käufer anzu­locken. Wer will beim Buchkauf schon von einer Verlagswebsite zur nächsten hüpfen? So erscheint eine Kooperation aus Kosten- und Marketing-Sicht nur logisch. In Frankreich und Spanien haben sich große Verlagsgruppen in Sachen E-Book-Vertrieb längst zusammengetan. Eine weitere Sorge schweißt die Rivalen zusammen: Sie wollen sich nicht von Apples rigiden Konditionen im iBook-Store abhängig machen. Apple zensiert nicht nur die Inhalte, sondern nimmt Verlagen auch die Kundenbeziehung aus der Hand. Direktmarketing? Genaue Käuferanalyse? Apple schiebt den Riegel vor. Grund genug für Verlage, gemeinsam ein echtes Gegengewicht zu schaffen.
Noch völlig offen ist, welche Ko­operationschancen für libreka! oder für den Buchhandel entstehen. Eins ist dabei zu bedenken: Wenn die Ver­leger mit dem Direktvertrieb den Handel umgehen, könnten Auslistungen und Boykott die Folge sein. Das mag bei kleineren Händlern noch zu verschmerzen sein. Wenn allerdings Filialisten oder große Online-Händler Sturm laufen, könnte das für Verlage fatale Folgen haben. So werden sich Verlage Modelle überlegen müssen, die den Buchhandel integrieren, anstatt ihn auszuschließen. – Auch ein Moment für Buchhändler, sich mit eigenen Ideen einzubringen.