Ausstellung

Ralf König in Berlin

23. Juli 2010
Redaktion Börsenblatt
„Ich komm mir vor wie ne Witzfigur – 50 Jahre Ralf König“: Das Schwule Museum Berlin ehrt Ralf König. Ein Ausstellungsbericht von Elisabeth Grün.

Originalzeichnungen, deren Übermalungen und Überklebungen die Arbeitsweise des Zeichners dokumentieren, Spielkarten, T-Shirts, ein Hundenapf und – Schmuckstücke des Hauptleihgebers Mario Russo – zwei Weinflaschen mit Comic-Motiven: „Man fühlt sich plötzlich so verstaubt“, kommentiert Ralf König die Tatsache, dass er nun musealer Gegenstand ist. Dabei ist der Mann, der mittels seiner allzu menschlichen, dem Alltagsleben abgeschauten Knollennasen die homosexuelle Subkultur in deutsche Wohnzimmer brachte, der legitime Nachfahre Wilhelm Buschs, nicht nur wenn er trefflich reimt. Dreimal wurde er, neben etlichen anderen Prämierungen, mit dem Max-und-Moritz-Preis geehrt: zuerst 1992 – da hatte er bereits mit „Der bewegte Mann“ und „Kondom des Grauens“ verfilmungsreife Comics vorgelegt und mit „Lysistrate“ seinen ersten Klassiker adaptiert.

König, geboren am 8. August 1960 in Westfalen, absolvierte Hauptschule und lustlos eine Tischlerlehre, bevor er 1981 an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf ging. Da wusste er schon, dass er Comics machen wollte. Vorbild war neben Busch „die große Claire Bretécher. Sie malte das erste Mal Leute, die auf dem Sofa sitzen und sich anöden. Ganz normalen Alltag, die Frustrierten. Ich habe dann versucht, so etwas für Schwule zu machen.“ Unverkennbar auch der Einfluss von Robert Crumb: „Ich las heimlich ‚Fritz the Cat‘ und konnte mich gar nicht lassen vor Begeisterung. Da sitzen irgendwelche Miezekatzen in der Badewanne, kiffen und vögeln! Total toll! Sowas wollte ich auch mal machen!“ Er lacht: „Bei mir sind’s keine Mietzen geworden …“ Es wurden Konrad, Paul und Andere: „Anfang der Achtzigerjahre war das Thema Schwulsein noch richtig aufregend, und dass ich, was damals ja eher abseitig und krank war, zur richtigen Zeit mit Humor genommen habe, war wahrscheinlich genau das Richtige.“

Als sich die Auffassungen zur Homosexualität liberalisierten, wandte sich der gesellschaftlich Engagierte Anderem zu: „Ich habe mich lange nicht um Religion geschert, aber da es so ein enorm großes Thema geworden ist, mag ich mich dazu äußern.“ 2006 nahm er zeichnerisch Stellung zum Karikaturenstreit, was ihm den zweiten Max-und-Moritz einbrachte. Den dritten bekam er dieses Jahr für seine Interpretationen der biblischen Schöpfungsmythen, erschienen 2007 und 2009 unter den Titeln „Prototyp“ und „Archetyp“ in der FAZ. Die darauf folgende Empörung hat ihn überrascht. Er hatte „nicht vor, religiöse Gefühle zu verletzen oder blasphemisch zu werden. Ich will einfach nur meinen kritischen Blick auf diese Geschichten werfen.“

2007  trat er der Giordano-Bruno-Stiftung bei: „Ich hatte ein solches Bedürfnis nach Gleichgesinnten, die ein anderes als das religiöse Weltbild hatten.“ Zwischen Philosophen, Wissenschaftlern, Evolutionsforschern fühlte er sich als Comiczeichner zunächst ein bisschen seltsam. Aber man fand seine Darstellungsweise gut: „Ein dickes philosophisches Buch hat es schwerer, unter die Leute zu kommen; mit Humor kann man sehr viele Leute erreichen.“ Das liegt auch an den Knollennasen: „Die halten den Humor hoch, selbst wenn es ernst wird, und ermöglichen mir, hintersinnigere Geschichten zu erzählen.“ Wofür auch der Austausch mit zwei befreundeten Theologen und ein vierzehntägig in Königs Kölner Wohnung stattfindender Philosophie-Kreis sorgen. So vermag König in seinem neuen Comic den Apostel Paulus als Antityp („Ich grolle in Christus“) gegen andere Gestalten auszuspielen: „Den Griechen muss man eins bekunden: das Denken haben sie erfunden.

“Nach Paulus hat er Lust, wieder etwas zum Lachen zu schaffen. Vielleicht Science-Fiction. Was Vorlage fürs Raumschiff ist, kann der aufmerksame Betrachter übrigens auf den in der Ausstellung exponierten Strips erkennen: ein Kopierer.

Ausstellung „Ich komm mir vor wie ne Witzfigur – 50 Jahre Ralf König“, Schwules Museum Berlin, täglich außer dienstags von 14 – 18 Uhr, bis 4. Oktober 2010.

Ralf Königs „Antityp“ erscheint am 17.9.2010 bei Rowohlt.
„Die Welt der Knollennasen - eine sozio-rhinologische Untersuchung“ heiterer Art zu den Figuren Ralf Königs, erscheint am 3. August im Verlag Männerschwarm.