E-Books

US-Verlage verurteilen exklusiven E-Book-Vertrieb über Amazon

26. Juli 2010
Redaktion Börsenblatt
Die Literatur-Agentur Wylie will eine E-Book-Edition exklusiv über Amazon anbieten. Nach Random House und Macmillan geht nun auch Verleger Harper Collins auf die Barrikaden.

"Der einzige Gewinner ist Amazon", äußerte sich Harper Collins-Chefin Victoria Barnsely gegenüber dem Branchenmagzin "The Bookseller". Harper Collins werde seine Rechte und die Interessen seiner Autoren scharf verteiligen, um die Werke einer größtmöglichen Leserschaft zugänglich zu machen.

Die Verlage Random House und Macmillan hatten sich schon vor einigen Tagen in die Kontroverse eingeschaltet. Random House zweifelte die Rechtmäßigkeit des Deals an und sprach von einer Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen mit Wylie, solange die Situation nicht geklärt ist. 

Der Streit geht darum, wem die Rechte an der elektronischen Ausgabe von Bücher überhaupt gehören, wenn Verträge zu einem Zeitpunkt geschlossen wurden, als E-Books noch gar nicht absehbar waren. Außerdem sorgt die Vergütung von E-Books für Zündstoff. In den USA sind laut New York Times 25 Prozent vom Netto-Verkaufserlös üblich, Autoren und ihre Agenten fordern aber bis zu 50 Prozent. 

"Entsetzt" über das Vorgehen von Wylie

John Sargent, Geschäftsführer von Macmillan USA, verurteilte in einem Blog-Beitrag das Vorgehen von Wiley. Er sei "entsetzt", dass Wylie die E-Books nur über einen einzigen Händler verkaufen will. "Es ist ein bemerkenswert schlechter Deal für Autoren, Verleger, andere Buchhändler und für jeden, der denkt, dass Bücher so weit wie nur möglich erhältlich sein sollten."

Wylie will unter dem Imprint "Odyssey Editions" 20 bekannte Backlist-Titel seiner Klienten ausschließlich über Amazons Kindle-Store (USA) verkaufen, darunter Titel von Salman Rushdie, Martin Amis und John Updike. Der Vertrag soll über zwei Jahre laufen. Alle Bücher werden zum Preis von 9,99 US-Dollar angeboten. Andrew Wylie (Branchenname: "Schakal") gehört mit etwa 700 Klienten zu den weltweit größten Literaturagenten. 

US-Beobacher sehen die Buchindustrie vor einer Zerreißprobe: Digitalisierung und Internet eröffnen neue Wege der Eigenvermarktung und alternative Vertriebswege. Die Karten zwischen Autor, Agent, Verleger und Händler werden – ähnlich wie schon vor einigen Jahren in der Musikindustrie – neu gemischt. 

Die Liste der E-Books, die Wylie im Imprint "Odyssey Editions" ausschließlich über Amazon verkauft:

  • "London Fields" von Martin Amis
  • "The Adventures von Augie March" by Saul Bellow
  • "Ficciones" (Spanish Edition) von Jorge Luis Borges
  • "Junky" von William Burroughs
  • "The Stories von John Cheever" by John Cheever
  • "Invisible Man" von Ralph Ellison
  • "Love Medicine" von Louise Erdrich
  • "The Naked and the Dead" von Norman Mailer
  • "Lolita" von Vladimir Nabokov
  • "The Enigma of Arrival" von V.S. Naipaul
  • "The White Castle" von Orhan Pamuk
  • "Portnoy's Complaint" von Philip Roth
  • "Midnight's Children" von Salman Rushdie
  • "The Man Who Mistook His Wife for a Hat" von Oliver Sacks
  • "Fear and Loathing in Las Vegas" von Hunter S. Thompson
  • "Rabbit Run" von John Updike
  • "Rabbit Redux" von John Updike
  • "Rabbit is Rich" von John Updike
  • "Rabbit at Rest" von John Updike
  • "Brideshead Revisited" von Evelyn Waugh