Nach dem Hype ist vor dem Hype. An diese aus der Fußballwelt entlehnte Formel konnte man sich auch beim E-Book gewöhnen. An eine historische Zäsur glaubten Beobachter, als die ersten massentauglichen Reader vor eineinhalb Jahren Einzug in den Buchhandel hielten. Eine Enttäuschung weiter war die Branche im Frühjahr 2010 verzückt, als das iPad die neue Dimension des E-Books (so oder so ähnlich stand es auch im Börsenblatt) verhieß. Nun steht wieder alles im Zeichen der klassischen E-Reader, die allen Toterklärungen und Insolvenzen trotzen und mit verbesserten Displaytechnologien auftrumpfen. In der eLibrary auf der IFA konnte man die Fortschritte besichtigen.
Doch das Ass hatten in Berlin nicht die Geräteproduzenten, sondern die Händler im Ärmel: mit den mobilen E-Book-Shops auf dem LumiRead (Libri) und auf dem Oyo (Thalia). Wenn es eintrifft, dass bis zur Weihnachtssaison unter Hunderttausenden E-Books mehrere Zehntausend deutschsprachige Titel auf diesen Readern zu kaufen und zu lesen sein werden, dann könnte der Durchbruch im E-Book-Geschäft gelingen. Denn – um Kants berühmtes Wort »Gedanken ohne Inhalt sind leer« abzuwandeln: Lesegeräte ohne Content sind Elektroschrott. Und dafür viel zu teuer. Mit aktuellen Bestsellern – gleich welcher Couleur – sind aber durchaus Geschäfte zu machen.
Wer nun das Rennen im Handel macht – ob Thalia oder Libri – wollen wir den Wettbüros überlassen. Aber es könnte sein, dass die aktuellen Prognosen für den E-Book-Markt (bis zu 15 Prozent Marktanteil 2015) nicht mehr blind der Hype-Logik folgen. Wir sprechen uns wieder – an dieser Stelle.