Diskussion um Verlagswechsel

Suhrkamp tröstet sich mit Brief von Vargas Llosa

10. November 2010
Redaktion Börsenblatt
Für den Wechsel von Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa von Suhrkamp zu Rowohlt nennen beide Verlage unterschiedliche Gründe. In einem Brief an Suhrkamp schreibt der Autor, dass er die Entscheidung seiner Agentur, den neuen Roman an Rowohlt zu verkaufen, selbst bedaure.

Rowohlt-Verleger Alexander Fest sagt: "Ich glaube, Suhrkamp erschien dem Autor nach dem Tod Siegfried Unselds und dem Weggang Michi Strausfelds einfach nicht mehr als der Verlag, bei dem er sich zu Hause fühlte. Rowohlt, wo die ersten deutschen Übersetzungen seiner Bücher erschienen sind, war für ihn offenbar eine starke Option." Anfang des Sommers sei dann der erste Kontakt zustande gekommen, die Entscheidung über den Wechsel nach einem persönlichen Treffen Ende August in Paris gefallen.
Fest betont: "Es hat keinen Bieterwettbewerb gegeben. Wir haben ein Angebot mit Augenmaß gemacht, das trotzdem dem Rang des Autors angemessen war.« Die kolportierte siebenstellige Summe sei ein völlig überzogenes Fantasieprodukt. Der Vertrag sei noch vor der Nobel­preis­entscheidung mit Vargas Llosas Agentur Carmen Balcells vereinbart und danach nicht nachverhandelt worden. Der im Original kürzlich herausgekommene neue Roman, "Der Traum des Kelten", soll im Herbst nächsten Jahres bei Rowohlt erscheinen.

Bei Suhrkamp sieht man den Lauf der Dinge anders: "Wir haben im Frühsommer ein Angebot gemacht, als bekannt war, dass ›Der Traum des Kelten‹ erscheinen wird. Auch als das Buch im Sommer anderen Verlagen angeboten wurde, haben wir bekräftigt, dass wir es verlegen wollen", sagt Pressesprecherin Tanja Postpischil. Rowohlt habe schlicht mehr Geld geboten und die Agentur damit überzeugt. Der Autor sei gar nicht gefragt worden.

Beleg dafür sei ein Brief von Vargas Llosa an Suhrkamp vom 9. November. In einer Übersetzung des Verlags heißt es: "Mir tat die Entscheidung sehr leid, dass dieses Buch nicht bei meinem vertrauten deutschen Verlag erscheinen sollte, aber ich wollte mich nicht in eine Entscheidung der Agentur einmischen, weil ich es nie getan habe und auch zukünftig nicht tun werde. ... Gleichwohl ist die Wahrheit, dass ich eine große Zuneigung und Dankbarkeit gegenüber dem Verlag hege, der sich dergestalt um die Verbreitung meiner Bücher gekümmert hat und von dem ich soviel Herzlichkeit und Freundschaft erfahren habe. ... Ich hoffe, dass Suhrkamp in der Zukunft weiter mein Verlag sein wird."

 

Suhrkamp: Autorenwechsel seit 2005

Neu unter Vertrag
Marcel Beyer, Dietmar Dath, Sibylle Lewitscharoff, Marion Poschmann, Uwe Tellkamp, Christa Wolf  


Nicht mehr unter Vertrag

Norbert Gstrein, Katharina Hacker, Iris Hanika, Guy Helminger,
Adolf Muschg, Daniel Kehlmann, Imre Kertesz, Silke Scheuermann,
Mario Vargas Llosa, Martin Walser, Anne Weber, Carlos Ruiz Zafon