Kommentar

Tante Mildred und ihre Nichte

5. Januar 2011
Redaktion Börsenblatt
"Schenken wird immer persönlicher – zumindest für Amazon" - Börsenblatt-Redakteurin Sabrina Gab kommentiert die Pläne des Versenders für einen "Geschenke-Spam-Filter".

Tante Mildred freut sich, dass es endlich vorangeht mit der Familienplanung ihrer Nichte. Auf der Suche nach einem passenden Geschenk tippt sie "Hochzeit" in die Amazon-Suchabfrage ein. Der dritte Treffer "Unsere Hochzeit: Inspirationen für den schönsten Tag" gefällt ihr. Sie legt das Buch in den virtuellen Einkaufswagen und noch eine Taschentuch-Packung mit dem Aufdruck "Just Married" dazu.

Was Tante Mildred nicht weiß: Ihre Nichte hat eine Art Geschenkebremse eingebaut. Statt "Unsere Hochzeit" landet bei ihr das Buch "Think Single: Gebrauchsanweisung für ein glückliches Leben allein". Weil sie von Amazon vorab über das georderte Geschenk der Tante informiert wurde, konnte sie es gerade noch rechtzeitig umtauschen – vor Versand. Denn was Tante Mildred auch nicht weiß: Ihre Nichte hat sich vor zwei Wochen vom Freund getrennt – auch gerade noch rechtzeitig.

Wenn Online-Händler Amazon mit seinem Patentantrag gegen ungewollte Geschenke unter dem Namen "Aunt Mildred" durchkommt, könnte genau dieses Szenario Wirklichkeit werden. Die Pläne des Versenders für einen solchen "Geschenke-Spam-Filter" haben bereits für kritische Kommentare gesorgt: Der Sinn des Schenkens gehe durch ein solches Tool verloren. Wichtiger scheint jedoch die Frage zu sein: Was hat Amazon davon, mehr über die Nichte zu wissen als deren eigene Tante? Profitieren wird von einem solchen Filter in erster Linie der Online-Händler. Er spart teure Retouren, sammelt noch mehr Daten für seine Marktforschung. Schenken wird immer persönlicher – zumindest für Amazon.