Kommentar

Suhrkamp – Es war einmal

13. Januar 2011
Redaktion Börsenblatt
Der Suhrkamp Verlag, Berlin, ist nicht mehr der Verlag, der in Frankfurt in der Lindenstraße ansässig war. Das war und ist beabsichtigt und impliziert bei mancherlei Kontinuität selbstverständlich auch den mehr oder minder deutlichen Bruch mit der Vergangenheit. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann.
Am augenfälligsten wird diese Entwicklung, wenn man auf die Angestellten des Verlags blickt. Hier, im Gefüge des Hauses, hat es Veränderungen auf allen Ebenen gegeben. Während die Geschäftsführung die Abgänge teils langjähriger Mitarbeiter oft gar nicht oder nüchtern im Sinne von »Jeder ist ersetzbar« kommentierte, ist die Perspektive der Ehemaligen häufig eine andere. Vier von ihnen erzählen in dieser Ausgabe von ihrer beson­deren Beziehung zum Suhrkamp Verlag und dem schwierigen Abnabelungsprozess.
Zuweilen wird das Verhältnis zu dem Unternehmen in diesen Erzählungen mit der Beziehung zu einem Liebespartner verglichen. Entsprechend emotional wird daher die Trennung verarbeitet. Tatsächlich ist ein Verlag weder Ehemann noch Freundin; das Problematische einer etwaigen Über­identifikation gerät vielleicht erst in der Krise vollständig ins Bewusstsein.
Doch zugleich war es wohl eben jener über Jahre gewachsene und also tief verwurzelte Gedanke, gemeinsam ein besonderes Projekt zu verfolgen, was diesen Verlag ausgezeichnet, seine Mitarbeiter besonders motiviert hat. In ihrer patriarchalen Zurichtung gehört diese Orientierung einer vergan­genen, einer anderen Zeit an. Was an ihre Stelle treten und ähnliche Wirkung entfalten könnte, bleibt vorerst weiter unklar.