Börsenverein

Stefan Könemann: "Den Preis dafür zahle ich gern"

25. Februar 2011
Redaktion Börsenblatt
Wenn der Landesverband Nordrhein-Westfalen, wie angedacht, mit dem Bundesverband des Börsenvereins fusioniert, schafft sich der Vorsitzende damit selbst ab: Stefan Könemann, Chef des Landesverbands, über den Abschied vom Einfluss – und die Zahlen, die jetzt auf dem Tisch liegen.

Monatelang wurde gerechnet und gemessen – unter dem Strich steht jetzt ein Einsparpotenzial von rund 200.000 Euro pro Jahr, das durch die Fusion genutzt werden könnte. Deckt sich das Ergebnis mit Ihren Erwartungen?

Könemann: Mit einer signifikanten Summe habe ich durchaus gerechnet. Wir haben auch von Anfang an gesagt, dass der Spareffekt signifikant sein muss, damit wir die Fusion umsetzen. Dass das Einsparpotenzial jetzt bei 200.000 Euro liegt, finde ich bei einem Gesamtbudget von 683.000 Euro einfach atemberaubend. 27 Prozent unserer Kosten können wir durch den Zusammenschluss mit dem Bundesverband einsparen – mindestens 15 Prozent davon wollen wir, wenn die Transformationsprozesse abgeschlossen sind, über Beitragssenkungen an die Mitglieder zurückgeben.

Warum nicht mehr?

Könemann: Ich persönlich würde mir eine Beitragssenkung von 20 Prozent wünschen. Aber wir wollen jetzt nichts versprechen, was wir später vielleicht nicht halten können. Denn der Mitgliederrückgang wird sich ja fortsetzen und damit auch der Einnahmerückgang bei den Beiträgen. Ohne die Fusion müssten wir, um den Etat auszugleichen, ab 2012 deutlich höhere Beiträge von unseren Mitgliedern verlangen. Deshalb ist das Jonglieren mit Prozentzahlen immer relativ, denn wir reden hier über die Zahlenbasis von 2009 als Grundlage für all unsere Berechnungen.

Sie lenken den Landesverband NRW seit sechs Jahren – und schaffen sich mit der Fusion selbst ab, weil es ohne rechtlich eigenständigen Verband auch keinen Vorstand mehr gibt. Geben Sie die Einflussmöglichkeiten leichten Herzens auf?

Könemann: Unser Ziel ist es ja, die regionale Nähe für unsere Mitglieder zu erhalten, und zwar zu vertretbaren Kosten. Und wenn der Preis dafür ist, dass ich mich als Landesverbandsvorsitzender selbst abschaffe, dann zahle ich ihn gern. Ich persönlich glaube, dass unsere Mitgliedertreffen davon profitieren werden, wenn wir uns auf Branchenthemen statt auf Regularien wie Schatzmeisterberichte konzentrieren. Und es gibt auch gar nicht so viele Dinge, bei denen wir spezifisch nordrhein-westfälische Interessen im Börsenverein vertreten könnten: Ob libreka!, Preisbindung oder Digitalisierung – bei all diesen Fragen geht es um die Interessen von großen oder kleinen Unternehmen, von Verlegern, Buchhändlern und Zwischenbuchhändlern. Das hat mit der Region, aus der die Firmen kommen, wenig zu tun.

Mit einem Fragebogen zur Fusion wollen Sie in der kommenden Woche ein Stimmungsbild bei den Mitgliedern einholen. Haben Sie Sorge, dass die notwendige Mehrheit auf der Hauptversammlung nicht zustande kommen könnte?

Könemann: Nein, gar nicht. Wir haben in den vergangenen Monaten sehr, sehr viele Gespräche mit Mitgliedern geführt. Und die Zustimmung ist gewaltig. Ich bin auch sehr froh, dass wir eine Dreiviertel-Mehrheit für den Fusionsbeschluss brauchen, denn mit knappen Mehrheiten lassen sich solche weitreichenden Entscheidungen nicht treffen. Was sich die Mitglieder immer wieder von uns wünschen – das ist der Erhalt der Geschäftsstelle in Düsseldorf als Ansprechpartner vor Ort. Und diesem Wunsch trägt unser Modell eines Regionalbüros Rechnung.

Andere Landesverbände begleiten Ihre Fusionspläne durchaus kritisch. Hoffen Sie trotzdem auf Nachfolger?

Könemann: Wenn unsere Mitglieder in fünf bis zehn Jahren sagen: Dieser Weg war goldrichtig, dann halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass sich auch andere Landesverbände für eine Fusion mit dem Bundesverband aussprechen. Das ist aber deren Angelegenheit.

Werden Sie sich nach der Fusion noch ehrenamtlich im Börsenverein engagieren?

Könemann: Das werde ich sehr oft gefragt. Falls die Fusion zustande kommt, bin ich noch bis zum Jahresende 2011 im Amt. Und danach sehen wir weiter.

 

Zum Hintergrund:

Der Landesverband Nordrhein-Westfalen hat ein umfassendes Informationspaket rund um die Fusionspläne online gestellt. Hier einige Eckdaten aus den Unterlagen:

Seit 2001 hat der Landesverband durch den Strukturwandel rund 200 Mitglieder verloren. 2001 gehörten dem Verband noch 1.541 Mitglieder an, 2010 waren es 1.327. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sind von 565.000 Euro auf rund 500.000 Euro in 2011 gesunken, trotz Beitragserhöhung 2009.Derzeit liegen die Kosten des Landesverbands NRW bei 683.000 Euro (die durch Mitgliedsbeiträge und weitere Einnahmen getragen werden), nach der Fusion sollen es noch 499.000 Euro sein – bei erweitertem Mitgliederservice. Allein 90.000 Euro Sparpotenzial ergeben sich nach NRW-Berechnungen daraus, dass die eigenständige Rechtsform des Landesverbands entfällt.Nach Frankfurt sollen Aufgaben wie Buchhaltung, Inkasso, Controlling, Mitgliederverwaltung und Personalwesen verlagert werden. In Düsseldorf bleibt ein Regionalbüro erhalten, das die nordrhein-westfälischen Mitglieder weiter betreut. Administrative Dinge werden im Bundesverband gebündelt, ebenso Serviceangebote, die nicht regionalspezifisch sind. Ortsnahe Veranstaltungsformate und der persönliche Kontakt zu den Mitgliedern sollen in Düsseldorf ausgebaut werden. Die Regionaltreffen, bislang Netzwerk-Angebote mit Fortbildungscharakter, sollen zur dezentralen Plattform für die Meinungsbildung in NRW werden. Statt wie bislang fünf sind künftig 10 bis 12 Treffen pro Jahr geplant. Themen, die sich dort herauskristallisieren, sollen in Arbeitsgruppen weiterdiskutiert werden. Die Sprecher dieser Task Forces können Themen von übergreifender Bedeutung direkt in alle Gremien des Börsenvereins einbringen – über ein Rede- und Gastrecht.

Das weitere Prozedere:

Am 14. April entscheiden die Mitglieder des Landesverbands NRW bei der Jahreshauptversammlung in Essen über die Fusion. Am 10. Juni steht die Entscheidung auf Bundesebene an – bei der Hauptversammlung des Börsenvereins in Berlin

Zur Historie:

Am 10. Februar 2010 hatten die Vorstände von Bundes- und Landesverband eine Absichtserklärung zur Fusion unterzeichnet.Am 6. Mai 2010 erteilten die Mitglieder in NRW den Prüfauftrag für die Fusion, mit 66 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen.