Meinung: Social Media Marketing

Freunde und Follower

3. März 2011
Redaktion Börsenblatt
Warum Buchhändler sich auch im Netz Zeit für ihre Kunden nehmen sollten. Von Markus Pfeffer, Buchhandlung Potthoff, Remscheid.

Eines Freundes Freund zu sein, das erklärte einst Schiller zu einem der höchsten Werte. Heute haben wir immer mehr sogenannte Freunde, während die Bedeutung des Begriffs zu verwässern scheint. Doch Internet und Social Media sind dafür nicht ursächlich: die oberflächlichen Beziehungen, die wir neben unseren »wahren Freundschaften« pflegen, gehörten schon immer zum Leben. Mit diesen »guten Bekannten« halten wir Smalltalk über das Wetter, die Politik oder auch – Bücher.

Social Networks greifen diese Ebene der Gesprächskultur auf und intensivieren sie. Facebook hat sie zum Geschäftsprinzip erhoben und verknüpft die Kommunikation mit realen Marketingstrategien. Die Idee: Wenn sich zwei Menschen schon über ein Produkt unterhalten, wieso sollten sich die Anbieter dieses Produkts nicht am Gespräch beteiligen? Als Buchhändler haben wir das doch sowieso schon immer getan: Die Gespräche mit Kunden sind längst nicht nur simples Empfehlungsmarketing – Buchhandlungen sind auch Orte politischer oder kultureller Diskussion.

Geschickt eingesetztes Social Media Marketing ist daher mehr als nur zielgruppenorientierte Werbung oder die Bereitstellung eines Tummelplatzes für Digital Natives. Es ist die Verlagerung des Kundengesprächs ins Internet, wo Websites bisher, analog zu papierenen Kundenmagazinen oder Flyern, nur einseitige Kommunikation zuließen.

Der soziale Web-Auftritt sollte sich daher nicht auf Buchempfehlungen und Veranstaltungskalender beschränken. Diese sind sowieso Pflicht. Die Kür ist es, den Dialog mit den Nutzern aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Hinweise auf interessante Artikel, Hintergrundinformationen zu aktuellen Debatten gehören ebenso dazu wie die persönliche Gesprächsbeteiligung des Buchhändlers selbst. Man kann seine Fans und Follower aber auch jeden Morgen mit einem literarischen Zitat begrüßen oder sie mit Anekdoten und Schnappschüssen mit auf eine Buchmesse nehmen – dass fantasievolle Aktionen mit Aufmerksamkeit belohnt werden, gilt im Internet schließlich ebenso wie am Point of Sale.

Die vielfältigsten Möglichkeiten dieser Art bietet Facebook, auch wenn regelmäßige Datenschutz­probleme die Stimmung trüben können. Ob dies ein valides Gegenargument ist, entscheidet sich anhand von Unternehmensphilosophie und Kundengruppe: Einer politisch engagierten Buchhandlung mit klarer Haltung pro Datenschutz verbietet sich die Ko­operation mit den Kaliforniern von selbst. Während das Engagement eines Geschäfts mit allgemeinem Sortiment wohl nur in seltenen Fällen auf Kritik stoßen dürfte.
Zu bedenken ist übrigens, dass sowohl eine Facebook- als auch Twitter-Seite auch von Nicht-Mitgliedern gelesen werden kann.

Ge­rade im Buchhandel mit seiner oft konservativen, vor allem aber neugierigen Klientel kann durchaus ein Viertel Ihrer Leserschaft aus solch anonymen Beobachtern bestehen. Und vor allem eines sollte man bei Überlegung und Planung nicht aus den Augen verlieren: Sind einmal ein Social-Web-Auftritt lanciert, eine Strategie abgesteckt und die ersten Kunden auf den neuen Dienst aufmerksam gemacht worden, ist der weitere Arbeitsaufwand minimal – vielleicht 20 Minuten die Woche. Selbst wenn sich anfangs nur eine Handvoll Kunden darauf einlässt – so viel Zeit sollten diese jedem Buchhändler wert sein. Am Regal sind sie es schließlich auch