Meinung

Immer die Frauen

10. März 2011
Redaktion Börsenblatt
Warum die Buchwelt nichts von ihrer Anmutung und Anziehung verloren hat. Von Jochen Jung.
Für vieles gebührt den Frauen Lob, Ruhm und Ehre, dafür aber besonders: dass nämlich sie es sind, denen das Buch sein Überleben verdankt. Denn sie sind es nicht nur, die es lesen, sie sind auch die, die es kaufen, und nicht zuletzt die, die es verkaufen. Wenn man jetzt noch ergänzt, dass immer mehr Verleger Verlegerinnen sind – von den Autorinnen ja ganz zu schweigen –, dann spätestens wird klar, warum die Buchwelt allen Unkenrufen zum Trotz nichts von ihrer Anmutung und Anziehungskraft verloren hat. Die Frauen sind’s, die Frauen machen es, und die Frauen bringen es, da braucht man keine neueste Statistik – auch keine Leserbriefe der paar Buchmänner –, es ist einfach so.
Warum eigentlich?
Zunächst einmal wünschen natürlich alle, dass die Männer verdammt noch mal gefälligst mehr lesen. Und zwar nicht Zeitungen oder das Fernseh­programm oder womöglich sogenannte Akten, sondern Bücher, richtige Bücher.
Aber sie wollen nicht. Sie wissen schon, wie das Leben funktioniert, sie brauchen da keine umständlichen, langwierigen Romane, ihre Zeit ist knapp und kostbar. Die Frauen dagegen haben Zeit wie Heu, sie füllen rasch mal Geschirrspüler oder die Waschmaschine und drücken den Knopf, so einfach ist das. Dafür wird doch das Buch auch immer gelobt, dass es so einfach zu bedienen ist, na also. Gebrauchsanweisungen sind den zarten Köpfen sowieso zu abenteuerlich.
Apropos: Wenn es um Abenteuer im Kopf geht, dann gibt ein Film einfach mehr her. Sex and crime, also bis es da in einem Buch mal so richtig losgeht, ist der halbe Film schon um. Außerdem haben Bücher irgendwie so was Problematisches, irgendwie geht es da immer um Probleme. Als hätte man davon noch nicht genug. Für Probleme sind sowieso Frauen besser geeignet, sie reden ja auch viel lieber darüber ("Liebling, wir sollten mal wieder …", o je, da weiß man schon).
Sachbücher sind da übrigens nicht viel besser. Werden den Männern ja gern auf den Weihnachtstisch gelegt, nur damit sie nächstes Jahr immer noch in ihrer Plastikhülle stecken (die Bücher). Ist ja gern mal was Praktisches dabei (Zaunpfahl, ik hör dir trapsen). Oder Ökologisches (nur weil man den Müll nicht immer trennt). Oder die Memoiren von Ichweißnichtwem (Keith Richards jedenfalls nicht).
Kurz und gut, es gibt viele Männer, die finden, dass Frauen und Bücher ruhig unter sich bleiben können. Auf Bücher sind Männer dummerweise nicht eifersüchtig. Wenn die wüssten! Wenn die wüssten, auf was für Ideen Bücher einen bringen können! Wie interessant sie einen zum Nachdenken anstiften, und wie viel Selbstständigkeit sich daraus ergeben kann.
Man muss es einfach mal so sagen: Kein Mann ist so gekonnt wie ein Buch. In so manchem kann man blättern und blättern, ja ruhig mal ein ganzes Kapitel überschlagen, und man hat noch immer nichts verpasst, so ist das. Außerdem sind sie ja auch viel zu einfach zu bedienen.
Nun gut, gegenseitiges Beschimpfen nützt auch nichts. Und im Übrigen: So richtig wissen wir jetzt immer noch nicht, warum es die Frauen so mit den Büchern haben. Weil sie so klein und handlich sind (die Bücher)? Im Verhältnis zum Auto oder zur Harley sicher. Die sind aber auch entschieden zu haptisch.