Kommentar von Torsten Casimir

Verbände sind kein Selbstzweck

6. April 2011
Redaktion Börsenblatt
Fusion macht Arbeit. Wer aus zwei eins machen will, ohne dass ein Teil Schaden nimmt, muss auf Empfindungen und Empfindlichkeiten achten. Niemand fusio­niert mal eben so. Wenn zwei Kerne zu einem neuen verschmelzen, sind beide alten anschließend nicht mehr da. Fusionen brauchen deshalb sehr gute Gründe.

Das gilt auch für etwaige Fusionen im Börsenverein. In NRW entscheidet jetzt der Landesverband, ob er im Bunde mit dem Bund seine regionale Arbeit neu organisieren und sich bei der Gelegenheit als Rechtspersönlichkeit abschaffen will. Motiv: Effizienzgewinn. In Saarbrücken, Mainz und Wies­baden wurde soeben eine Dreiecksbeziehung besiegelt (»SaSaThü« funktioniert ja bereits als Arbeitsverbund). Motiv: Effizienzgewinn. In Stuttgart setzt ebenfalls eine zarte Vorschmelze ein. Motiv: Dito.

Überall ähnliche Fragen. Gibt die Organisation mehr Energie ab, als für ihren Betrieb zugeführt werden muss? Oder entstehen eher unproduktive Kosten? Dass Mitglieder zu Revisionen drängen, war nur eine Frage der Zeit. Zu sorglos wurde hier und dort administrativ ausgebaut, zu nutzlos bisweilen getagt, zu witzlos das Sosein begründet. Verbände sind kein Selbstzweck. Andererseits: Wie lieb und teuer ist uns noch der Gesamt­verein? Nebst seinem höchsten Organ, dem Länderrat? Und was wird aus ihm, wenn Fusionsfieber grassiert?
Das wird ein lebhaftes Jahr. Die Interviewbereitschaft Einzelner dürfte zunehmen. Die Differenz zwischen Sachverhalt und Meinung wird kenntlich zu halten sein. Das politische Unwort »alternativlos« bleibt ausgesperrt. Ein kollegialer Ton im Wettstreit der Argumente ist zu wünschen.