Meinung: Buchhandel

Lokal und digital

14. April 2011
Redaktion Börsenblatt
Der Markt für elektronische Bücher entwickelt sich zu relevanter Größe. Das stationäre Sortiment hat beste Chancen, am Geschäft teilzuhaben. Ein Beitrag von Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.

Was können technische Plattformen wie Google, Apple, Amazon, Telekom und andere besser als das stationäre Sortiment? Die Antwort ist einfach: Gar nichts, im Gegenteil. Der Buchhandel liefert schneller physische Bücher. Er berät besser. Er orientiert und inspiriert. Und damit hat er das Potenzial, auch der bessere E-Book-Verkäufer zu sein. Voraussetzung dafür aber ist, dass der stationäre Handel seine Vorteile ausspielt. Deren größter: die persönliche Kundenbeziehung.

Die Chancen stehen besser denn je – aber es gibt sie nur einmal. Noch wird der Kunde physisch in der Buchhandlung vorstellig. Der Händler hat ihn also bei sich, kann ihn gewissermaßen live von seiner Kompetenz und seinen Leistungen überzeugen. Und er kann mithilfe einer ansprechenden Website diesen Kunden auch für die digitale Zukunft an sich binden. Gerade im kundenorientierten Zusammenspiel zwischen persönlicher – sei es physischer oder digitaler – Beratung und hervor-ragendem digitalen Angebot kann sich eine langfristige, auch digitale Kundenbeziehung entwickeln.

Die Kernkompetenzen des Sortiments sind nämlich gerade im digitalen Zeitalter gefragt. Noch eher mühsam versuchen die technischen Plattformen, Beratung zu simulieren. Mit vermeintlich ausgeklügelten Algorithmen werden Empfehlungen nach dem Motto ausgesprochen: "Wer dies liest, liest auch das". Solche maschinellen Ratschläge führen aber lediglich dazu (wie es Nicole Krauss in ihrem Aufsatz "Retten wir die Buchhandlung!" in der "FAZ"vom 12. März schrieb), dass der Leser zeit seines Lebens immer mehr vom Gleichen liest. Wo bleiben für den Leser die Aussichten, in neue Themenwelten und Genres von einem klug gestaltenden und beratenden Buchhandel geführt zu werden?

Zur Diagnose der Beratungskompetenz der neuen Player im Online-Handel gehört aber eine zweite Wahrheit: Sie werden besser. Apple, Amazon & Co. lernen auf ihre Art, was gute Beratung und Servicequalität bedeutet. Und sie lernen mit hoher Geschwindigkeit. Deshalb wird es für den stationären Buchhandel höchste Zeit, den Wettbewerb aufzunehmen. Von vornherein zu sagen "Das digitale Geschäft geht eh an uns vorbei" wäre ein resignativer Kurzschluss – ohne zuvor überhaupt etwas versucht zu haben. Die E-Book-Studie des Börsenvereins zeigt: Der Markt beginnt sich in relevanter Weise zu entwickeln. Wir können selbst bei sehr vorsichtigen Annahmen damit rechnen, dass wir im Jahr 2013 ein Marktvolumen von gut 300 Millionen Euro aus dem Verkauf von E-Books erreichen werden. Bis dahin haben wir noch 20 Monate, um Vorbereitungen dafür zu treffen, am E-Business teilzuhaben.

Es gibt probate Mittel für das Sortiment, eine Website mit Shop aufzubauen, um ein überzeugendes digitales Angebot bereitzuhalten. Die von der Branche selbst ins Leben gerufene Plattform libreka! bietet ebenfalls eine Dienstleistung, mit der auch der kleinste Buchhändler seinen Kunden das größtmögliche Angebot an digitalen Büchern offerieren kann.

Danach bleibt, neben der Beratung, nur noch eine Aufgabe: den jetzt noch in die Buchhandlung kommenden Kunden für die eigene Website zu begeistern und ihn davon zu überzeugen, dass lokal und digital klar im Vorteil ist. Die technischen Plattformen sind eben nur technische Plattformen. Jeder Buchhändler kann ihnen überlegen sein.