Der Beschluss des Landesverbands Nordrhein-Westfalen, mit dem Bundesverband zu fusionieren, stieß bei den Kollegen aus Niedersachsen und Bremen auf Widerspruch. Der Vorstand des Landesverbands Niedersachsen-Bremen wollte bei der 128. Hauptversammlung in Bremen-Vegesack ein aktuelles Meinungsbild zur Fusionsdebatte einholen - und entfachte damit eine hitzige Diskussion unter den 41 stimmberechtigten Mitgliedern.
Hans Freiwald, Vorsitzender des Landesverbands, brachte selbst seine Skepsis gegenüber dem Projekt klar zum Ausdruck: „Zum Wohl des Berufsstandes müssen Eigenständigkeit und die Nähe sowohl zu den Mitgliedern als auch zur Landespolitik gewahrt bleiben.“ Vor drei Jahren sei auf Initiative der Nordrhein-Westfalen mit hohem Aufwand ein Leitbild des Gesamtvereins erarbeitet worden, das nun durch die Fusion wieder obsolet werde, kritisierte Freiwald. Auch stelle sich die Frage einer gerechten Interessenvertretung nach der Fusion. "Wie wird Neutralität in einem föderalen Verband gewahrt, wenn eine Institution in einer anderen aufgeht?“ wollte Corina Kruse-Roth (Lutherisches Verlagshaus) wissen.
Dass Rationalisierungspotenziale gesucht und genutzt werden müssen, steht auch für die Niedersachsen und Bremer außer Frage, doch fühlt man sich dort von den Nordrhein-Westfalen vor vollendete Tatsachen gestellt. „Es macht einfach schlechte Laune, dass wir am Ende die Hand für die Satzungsänderung des Gesamtvereins heben dürfen, aber vorher nicht in die Diskussion einbezogen wurden“, sagte Carola Müller (Vandenhoeck & Ruprecht).
Börsenvereins-Justitiar Christian Sprang hatte in der Debatte einen schweren Stand, als er die aus NRW angestoßene Entwicklung als demokratischen Prozess verteidigte und auf den Wegfall redundanter Verbandsarbeit verwies, den die Fusion mit sich bringe. In Vegesack befürchtete man, dass die föderale Struktur des Vereins ohne Not aufgeweicht werden könnte.
Der Landesverband Niedersachsen-Bremen hat im vergangenen Jahr mit stabilen Mitgliederzahlen (gesamt: 719) solide gewirtschaftet; das Vereinsergebnis lag mit rund 3.950 Euro im Plus. Allerdings bilden die Betriebe immer weniger aus. 2010 wurden nur 74 Ausbildungsverhältnisse gemeldet, im Vorjahr waren es noch 116. Dies könnte schon ein Indiz für fehlende Bewerber sein.
Nachwuchsmangel und Bevölkerungsrückgang: Das war das Thema von Referent Heiger Scholz, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages: Während Städte wie Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Lüneburg bis 2031 ihre Einwohnerzahl halten oder sogar leicht steigern könnten, schrumpfe die Bevölkerung in vielen Dörfern und in einzelnen Landkreisen wie Lüchow-Dannenberg und, ganz extrem, im Harz. Insgesamt sinke die niedersächsische Bevölkerung um zehn Prozent, was leicht über dem Bundesdurchschnitt liege.
Die Folgen sind vielschichtig. So werden öffentliche Leistungen wie Nahverkehr, Winterdienst oder Postzustellung für einwohnerschwache Regionen teuer und die Toleranz gegenüber der nachwachsenen Generation und deren Bedürfnissen (Schulbildung, Spielplätze, Kindergärten) werde abnehmen, so das Szenario, das Scholz entwarf und das auch Auswirkungen auf den Buchhandel haben wird.
Am Ende der Hauptversammlung wurde Carola Müller aus dem Vorstand des Landesverbands verabschiedet. Sie folgt Dietrich zu Klampen (zu Klampen Verlag) als Rechnungsprüferin nach. zu Klampen wiederum übernimmt Müllers Position als Fachgruppenvorsitzender der Verlage. In der Fachgruppensitzung Sortiment wurde Veit Hoffmann (Buchhandlung Hoffmann) als Vorsitzender bestätigt.