Als Geschäftsführer von Pocket Shop haben Sie lange nach einem Partner gesucht, um in Deutschland zu expandieren. Was verbindet Sie mit Thalia?
Für uns gab es zwei Strategien: Entweder wir gehen den Weg allein oder wir suchen uns einen starken Partner, der bereits in Deutschland etabliert ist. Wir haben beide Alternativen sehr gründlich betrachtet. Aber es war klar, dass ein schnelles Wachstum einfacher wird, wenn wir den richtigen Partner finden und von ihm lernen können. Mit Thalia war das "Liebe auf den ersten Blick". Wir sind sehr froh, ihn für ein Joint Venture gewonnen zu haben. Thalia ist aus meiner Sicht ein unglaublich professionelles und starkes Handelsunternehmen, mit fundiertem Buchmarktwissen und überzeugenden organisatorischen Strukturen – als Nischenanbieter sind eine perfekte Ergänzung. Thalia hat die Stärke und Präsenz im deutschen Buchmarkt, wir hingegen sind eher klein – fokussiert auf Reise mit einem sehr individuellen Ladenkonzept. Was uns verbindet: Wir lieben Bücher.
Ihre Shops sind auffällig gestaltet – sie leuchten in Lila. Thalia setzt auf blau und grün. Wie werden die neuen Läden aussehen?
Lila ist unser meistprägendes Merkmal und daran werden wir festhalten. Die starke Farbe ist Teil unseres Konzepts zu zeigen, dass wir anders sind: entspannt im Umgang mit Büchern und unseren Kunden. Bei den gemeinsamen Thalia-Pocket Shops werden an diesem Konzept festhalten. Das neue Logo – ergänzt um einen Thalia-Zusatz – spiegelt das auch wieder.
Lila – sind Sie sicher? Was halten männliche Kunden davon?
Lustig, diese Frage habe ich noch nie gehört. In Schweden sind wir seit zwanzig Jahren mit unserem Ansatz sehr erfolgreich. Wir bei Pocket Shop nehmen lila eigentlich gar nicht als feminine Farbe wahr. Bezüglich Kleidung wäre rot wahrscheinlich auch nicht die präferierte Farbe von Männern, aber gehen sie deshalb nicht in einen H&M-Laden? Ich glaube nein. Es geht mehr darum ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal im Handel zu setzen. In Berlin hat es bisher gut geklappt: keiner kam auf die Idee, dass wir nur Frauenliteratur verkaufen. Außerdem: auch die deutschen Männer sind reif für lila Läden.
"Wir sind keine Büchersnobs" – impliziert das etwas Ähnliches?
Ja, diesen Begriff verwenden wir verstärkt in unseren Trainings. Bei uns kann man alles kaufen, ungehemmt nach einem typischen Frauentitel fragen und muss sich nicht genieren, wenn man den aktuellen Nobelpreisträger nicht kennt. Das versuchen wir unserem Personal zu vermitteln.
Die Ausbildung – das Training – scheint in Ihrem Unternehmen sehr wichtig zu sein? Konnten Sie deshalb die Auszeichnung „Super-Entrepreneur“ fünf mal in Folge für ihr Unternehmen gewinnen? Und was ist das eigentlich?
Wir haben in den letzten Jahren viele Preise gewonnen. Der genannte Preis heißt bei uns in Schweden wirklich so. Die Auszeichnung besteht aus zwei Komponenten: die Jury bewertet den wirtschaftlichen Erfolg – die Verkaufszahlen – aber genauso das Gesamtkonzept und die Details in der operativen Umsetzung. Jemand hat mal gesagt, dass Pocket Shop die einzig wirklich starke Marke im Buchmarkt in Schweden ist. Vielleicht auch wegen der lila Farbe ...
Ihr Angebot hat einen starken Fokus auf Taschenbüchern, Büchern für die Reise? Was bieten Sie den Kunden noch?
Ja, der Großteil unseres Angebots sind Taschenbücher. An den Reiseverkehrsknotenpunkten bieten wir aber auch Kunstbücher und Reiseführer an, die sich gut verkaufen. Außerdem gibt es ein kleines Non-Book Programm zum Beispiel mit Leselampen oder Lesezeichen. Der Buch- und Reisebezug ist immer gegeben. Mehr als zehn oder fünfzehn Produkte sind es im Moment auch nicht und es ist nur ein kleiner Umsatzbringer. Zu erwähnen sind noch unsere Notizhefte, die wir von ausgewählten Künstlern gestalten lassen. Im Moment läuft eine Kooperation mit drei Künstlern aus Berlin, Helsinki und Stockholm – auch als flankierende Maßnahme zu unserer aktuellen Expansionsstrategie.
Was macht den deutschen Markt für Sie so interessant?
Er ist sehr groß. Außerdem ist unsere Kultur sehr ähnlich – ein Markteintritt fällt da leichter als beispielsweise in Asien oder Südamerika. Auch die literarische Tradition in Deutschland fasziniert uns. Es gibt tolle Verlage und Buchnovitäten. Und natürlich kommt Pocket Shop die Preisbindung zu Gute, das kennen wir in Schweden ja gar nicht.
Der Wettbewerb ist ebenfalls groß. Wo sehen Sie Ihr Potential?
Da der Preis als Faktor im Wettbewerb entfällt, können wir uns ganz auf den Service konzentrieren. Das ist eine gesunde Grundlage für uns. Die meisten deutschen Konkurrenten, die zugegebenermaßen alle gut sind, haben ein breites Sortiment. Unser Fokus liegt fast ausschließlich auf Taschenbüchern – auf Büchern für unterwegs. Aber natürlich ist es eine große Herausforderung und wir sind beflügelt vom New-York-Gefühl: „if you make it in Germany, you make it anywhere“.
Seit 2008 gibt es bereits einen Pocket Shop in Berlin-Tegel: Ihr Resümee?
In Berlin-Tegel sind wir bereits seit drei Jahren mit Pocket Shop. Unsere Erwartungen, auch gemessen an Verkaufszahlen, sind übertroffen worden. In den ersten Jahren haben wir viel gelernt, nun profitieren wir davon. Der Dialog mit Kunden und Verlagen zahlt sich aus. So gut, dass wir auch einen großen Shop am neuen "Berlin Brandenburg International" Flughafen eröffnen werden.
Wie sieht‘s in Schweden aus?
Da wir keine Preisbindung haben, kommt ein weiterer Wettbewerbsfaktor hinzu. Wir sind nicht der billigste Anbieter, aber die Leute kommen trotzdem zu uns. Sie mögen unseren Service, unser Sortiment und die Läden. Der Preiskampf findet vor allem im Internet statt. Aber auch das stationäre Geschäft in Schweden, gerade in Stadtlagen, wird schwieriger und das Thema E-Book treibt uns natürlich um. Aber wir profitieren auch immer noch vom "Stieg-Larsson-Effekt".
rms