Vor gar nicht allzu langer Zeit hat Arnold Schwarzenegger, als er noch Gouverneur Kaliforniens war, angekündigt, die Schulbücher ganz abzuschaffen. Den Autoren der 55 Thesen über die Zukunft des Buchs gebührt Dank. Sie haben endlich einmal klar und deutlich ausgesprochen, was sich überall schon andeutet: Der Umsatz an gedruckten Büchern wird in den nächsten Jahren weiter zurückgehen, das Fach-, Schul- und gehobene Sachbuch – auch die ambitionierte Literatur – ist bedroht und damit der darauf ausgerichtete stationäre Handel.
Es handelt sich um ein gewaltiges strukturelles Problem, das mit einem enormen Tempo unsere Buchwelt verändert. Und wer glaubt, dass Amerika weit weg sei, irrt. Die Gesamtschule Emsland etwa führt sukzessive Laptops für alle Schüler ein, die von den Eltern zu bezahlen sind. Wer den nicht zahlen will, muss sich für sein Kind eine neue Schule suchen. Dass da über kurz oder lang das Schulbuch auf der Strecke bleibt, ist klar.
Die Situation in den Hochschulen ist nach der vollständig missglückten Bologna-Reform noch schlimmer. Wo ein Studium nichts anderes mehr ist als eine Berufsausbildung, die die Studierenden in möglichst kurzer Zeit zu durchlaufen haben, hat das gedruckte Buch keinen Platz mehr. Wenn der akademische Lehrplan so reglementiert ist, dass er sich nicht mehr von dem Stundenplan in der Schule unterscheidet; wenn die Studierenden sich im Intranet ihre Textauszüge und andere Unterrichtsmaterialien, die für jede einzelne Stunde hinterlegt sind, herunterladen und bearbeiten; wenn im Studium eine Veranstaltung die andere jagt und jedes Seminar mit einer Klausur abgeschlossen wird – dann sollen wir den Studenten noch ganze Bücher verkaufen?
Und was machen die Bewahrer des guten, alten, gedruckten Buchs, die Bibliotheken? Sie schichten mehr und mehr ihre Etats auf E-Books um, digitalisieren ihre Bestände, um demnächst ihren Lesern rund um die Uhr angenehme Arbeitsplätze mit Onlinezugriff auf den gesamten Bestand zu ermöglichen oder fallen – wie bei vielen kommunalen Bibliotheken – einfach dem Rotstift zum Opfer. Diese Tendenzen sind jetzt schon zu sehen und werden in der Zukunft noch deutlicher zu spüren sein. Da haben die Autoren der 55 Thesen wohl recht.
Aber sollten wir nicht versuchen, mit allen Mitteln gegen den Bedeutungsverlust des Buchs anzukämpfen?
Wo bleibt ein umfassendes Branchenmarketing, das in einer großen Allianz von Börsenverein mit Autorenverbänden, Leseförderern, Bibliotheken, Hochschulen und Schulen sowie allen anderen Buchliebhabern den Stellenwert und die Vielfalt des gedruckten Buchs ins Bewusstsein rückt?
Einen Anlauf gab es ja schon vor Jahren. Warum nicht die Idee wieder aufgreifen und einen witzigen Slogan erfinden, ein universell einsetzbares und wiedererkennbares Anzeigenkonzept erstellen, das auch jeder Buchhändler vor Ort verwenden könnte, eine Kooperation mit den Öffentlich-Rechtlichen für kurze Werbespots in Funk und Fernsehen abschließen und unsere Bücher liebenden Promis ins Werbefeld schicken?
Das wäre eine würdige Aufgabe für den Börsenverein. Und es dürfte allemal besser sein, als sich anhaltend mit sich selbst zu beschäftigen.
Nächste Woche: der Verleger Christoph Links zu Paid Content