Verlage

Ein Abend mit Klaus G. Saur

7. September 2011
von Börsenblatt
Inspirierende Verlagszeitgeschichte – ein Seckbacher Abend mit Klaus G. Saur, der die deutsche und internationale wissenschaftliche Verlagsszene kennt wie kaum ein anderer.

Das Erscheinen seines autobiografischen Buches "Traumberuf Verleger" im Mai (bei Hoffmann und Campe in Hamburg) bot den äußeren Anlass, Klaus G. Saur auf den mediacampus frankfurt einzuladen. Für das gestern zahlreich erschienene Publikum – Auszubildende, Dozenten, Freunde, Verlegerkollegen – eine höchst willkommene Gelegenheit, Saur aus seinem ereignisreichen Berufsleben (begonnen vor fast 50 Jahren!), aber auch von seinem familiären Hintergrund erzählen zu hören: der Vater ein überzeugtes Mitglied der nationalsozialistischen Funktionselite im Rüstungsministerium in der Reichshauptstadt, die gesundheitlich angeschlagene Mutter nach 1945 mit der Erziehung ihrer Kinder so ausgelastet, dass der junge Klaus Saur seinen Einschulungstag verpasste und erst in der Grundschule auftauchte, als für die Klassenkameraden der erste Schultag schon beendet war.

Als Vorbild taugt Klaus G. Saur nur bedingt – viel zu stark unterschieden sich seine persönlichen Lebensumstände und Bildungswege (ohne Abitur, dafür später vier Ehrenpromotionen im In- und Ausland, die seine überragenden Verdienste um das Bibliotheks- und Universitätswesen würdigen) von denen junger Menschen in der Buch- und Verlagsbranche heute. Auch weist Saur selbst darauf hin, dass der Inhaberverleger mittlerweile eine Ausnahmeerscheinung ist. Es dominieren fast überall, auch in den meisten Gremien des Börsenvereins, die angestellten Geschäftsführer, die ganz andere Netzwerke pflegen als die Saur-Generation, die sich erst einmal von ihren Vätern und Großvätern "befreien" musste.

Dennoch (oder gerade deshalb?) sind Saurs lebendigen Berichte über seine Verlagserfahrungen für die junge Generation außerordentlich inspirierend, und vielen Zuhörern, die erst am Anfang ihres Berufsweges stehen, war die Faszination über das von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir moderierte anderthalbstündige Gespräch anzumerken. Schließlich erfährt man selten aus berufener Quelle und mit so kurzem zeitlichen Abstand von den Hintergründen und Zusammenhängen der Transaktionen, die in einigen Wissenschaftsgebieten bis heute die Verlagslandschaft bestimmen (und die Auflagenhöhen der Kant- und Nietzsche-Werkausgaben des de Gruyter Verlags!). Von Torsten Casimir vorgetragen wurden zwei Kapitel aus "Traumberuf Verleger": Verkauf des Saur-Verlags in den 1980er Jahren für eine damals exorbitante Summe; Rückkauf dieses Verlags (sowie des Tübinger Max Niemeyer Verlags) knapp 20 Jahre später als geschäftsführender Gesellschafter von de Gruyter in Berlin, zu einem deutlich geringeren Preis.

Es würde viel zu weit führen, hier Details auszubreiten – die kann und sollte jeder in dem spannenden Buch Saurs selbst nachlesen. Als Fazit bleibt: ein gelungener und zugleich äußert unterhaltsamer Abend.

Björn Biester