Eröffnung der Frankfurter Buchmesse

Von Kraftquellen und Contentvermarktung

12. Oktober 2011
Redaktion Börsenblatt
Seit einigen Jahren schon geht das Gespenst der digitalen Revolution in der Verlagswelt um, und damit auch die Sorge um Urheberschutz und geistiges Eigentum. Dies war auch eines der zentralen Themen bei den Reden zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse.

Angesichts von Raubkopierern – 60 Prozent der E-Books werden illegal aus dem Netz heruntergeladen – wird es manchem Büchermacher mulmig. Die Piraten, die in Berlin immerhin neun Prozent der Stimmen erbeuten konnten, wollen das Patent- und Urheberrecht gleich ganz abschaffen.

Natürlich müsse man sich der digitalen Wende stellen, aber die Gutenberg Galaxis werde doch nicht komplett im großen Schwarzen Loch des Netzes untergehen, hieß es unisono. Umso leichter fällt diese Diagnose in diesem Jahr, wo man zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse dem Ehrengast Island einen angemessenen Empfang bereiten wollte: Island ist ein Land, das seine nationale und kulturelle Identität auf alten Sagas gründet, die in mittelalterlichen Schriftstücken überliefert sind. Wer will da nicht an den Fortbestand des Buches glauben. Beim offiziellen Festakt zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse konnte man den Spagat zwischen Zukunftsoptimismus und Traditionsbewahrung bei allen Rednern beobachten.

Gottfried Honnefelder erhofft sich für die Verlagswelt von morgen Verleger „mit klassischen inhaltlichen Zielen" und Politiker, die entschieden für den Schutz des geistigen Eigentums kämpfen. Bei letzterem Punkt hatte er den Applaus und den guten Willen der anwesenden Volksvertreter auf seiner Seite. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, Deutschland als Kulturnation dürfe den Schutz des geistigen Eigentums nicht ignorieren. Er versprach der versammelten Buchbranche, sie könne beim Urheberrecht auf ihn zählen.

Buchmessendirektor Juergen Boos versuchte die neuen technologischen Möglichkeiten mit Altbekanntem kurzzuschließen: Er verglich das „social reading" mit den Lesegesellschaften des 19. Jahrhunderts. Dass die Neuen Medien in Zukunft ein entscheidender Faktor sein werden, lässt sich kaum bestreiten – auf der Frankfurter Buchmesse wird den Contentvermarktungen jenseits des Buches immer größere Aufmerksamkeit geschenkt.

Die richtet sich in den nächsten Tagen aber auch auf ein Land, in dem sich die Menschen gegen eine raue Natur durchsetzen mussten und diese nicht immer wirtliche Lebenswelt mit Geschichten und Sagen gefüllt haben – Inhalte, die über die Jahrhunderte hinweg in Büchern transportiert wurden. Die beiden literarischen Redner aus Island, Arnaldur Indridason und Gudrún Eva Mínervudóttir, entführten in diesen großen Mythenraum, aus dem heraus sich die isländische Identität erst gebildet habe. Der Glaube an das geschriebene Wort sei nirgendwo so stark wie in Island – und die Literatur ist für die Isländer zugleich eine Möglichkeit, Grenzen zu überschreiten, „etwas Besonderes zum ‚globalen Dorf' beizutragen".

Der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson sprach in seinem Beitrag den Büchern tatsächlich prägenden Charakter zu: „Sie sind unsere Kultur und Quellen der Kraft, unsere Wurzeln und die Elemente, aus denen wir uns neu erschaffen können. Sie sind wir selbst." Dass die Isländer sie selbst bleiben können, auch wenn sie irgendwann Teil der europäischen Union sein werden, das wäre durchaus wünschenswert. Auch für Außenminister Guido Westerwelle, der sich als großer Befürworter einer noch engeren europäischen Partnerschaft zeigte und zugleich die kulturelle Vielfalt Europas als dessen eigentlichen Kern pries.

Gottfried Honnefelder eröffnete im Anschluss an die Reden offiziell die Frankfurter Buchmesse 2011.