Interview mit Thomas Schildhauer

"Die DNA internetunterstützter Geschäftsmodelle"

2. November 2011
von Börsenblatt
Thomas Schildhauer, einer der vier Gründungsmitglieder vom Institut für Internet und Gesellschaft stellt die Aufgaben der neuen Forschungseinrichtung vor – mit besonderem Fokus auf seinem Schwerpunktthema "Innovation".
Was genau wird am "Institut für Internet und Gesellschaft" untersucht?

Hauptsächlich hat das Institut die Aufgabe die Auswirkungen der Anwendungen, die wir an unseren Labtops, PCs und mobilen Geräten täglich nutzen, auf die Gesellschaft – sowohl im Privaten wie auch im Arbeitsleben – zu untersuchen.

Innovation ist ihr Themenschwerpunkt – können Sie das weiter eingrenzen?

In erster Linie geht es um Innovationen die durch das Internet gefördert wird (im Englischen: "Internet-enabled Innovation"). Auf dem Symposium letzte Woche haben wir bereits mit internationalen Forschern darüber diskutiert wie man eine Plattform aufbauen kann um dort die gesammelten Erfahrungen mit Gechäftsmodellen im Internet abzubilden. Dabei geht es uns sowohl um Erfahrungen mit klassichen Geschäftsmodellen, wie beispielsweise Verlage sie verfolgen, als auch um neue Geschäftsmodelltypen der Start-Ups. Wir wollen das verdichtete Ergebnis, quasi die DNA internetunterstützter Geschäftsmodelle, abbilden.

Wie werden die Ergebnisse dazu dargestellt? Wird es eine öffentliche Plattform der Kommunikation geben?

Die Arbeit des Instituts kann ja mit dem schönen Begriff "Open Science" umschrieben werden. Die 16 wissenschaftlichen Papiere vom Symposium haben wir bereits lizenzfrei zur Verfügung gestellt (Stichwort: Creative Commons). Wir fördern, dass alle Wissenschaftler und Menschen, die im beruflichen Umfeld mit diesen Themen zu tun haben, sich an dem Diskurs beteiligen können. Unter dem Stichwort Crowd-Creation wollen wir eben die Weisheit der Vielen nutzen.

Die Kooperation mit Google führt ja durchaus zu Misstrauen. Gerade wenn es bei Ihnen um innovative Geschäftsmodelle geht, drängt sich ja die Frage auf, ob Sie nicht das Potential eines neuen Google Dienstes evaluieren sollen.

Nein, darum geht es nicht. Unsere Aufgabe ist eine substantielle wissenschaftliche Analyse. Alle wissenschaftlichen Ansätze die in der Welt zum Thema "warum und wie funktionieren Ansätze im Internet" sollen gesammelt und verdichtet werden. Daraus sollen Treiber für erfolgreiche Geschäftsmodelle exzerpiert  und Muster abgeleitet werden. Natürlich hat Google selbst sehr viele innovative Ansätze, daher möchte ich nicht ausschließen, dass diese mit in die Betrachtung fallen.

Ganz praktisch: wie soll die gelebte Wissenschaft aussehen? Graduiertenkolleg und Seminare?

Die Ergebnisse des Forschungsinstituts werden in die bestehende Lehre integriert. Ein eigenes Programm wird nicht aufgebaut, aber Ergebnisse sehr wohl in das Lehrangebot bestehender Studiengänge an der Humboldt Universität oder der UdK (zum Beispiel in den Masterstudiengang: Leadership in digitaler Kommunikation) integriert. Das Forschungsprogramm und die Forschungsagenda werden jetzt geschrieben. Dann folgen die Forschungsanträge und Entscheidungen welche Projekte selbst finanziert werden. Aber dafür müssen wir nach dem Symposium jetzt erst einmal in Klausur gehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ermittlung welche Forschungsbetrebungen weltweit in diesem Bereich schon bestehen. Es ist ganz wichtig, dass wir nicht Forschungsschwerpunkte aufsetzen, die schon anderswo in der Welt an renommierten Institutionen untersucht werden. Nächstes Jahr sind wir beispielsweise nach Harvard eingeladen um dort mit den Experten vor Ort zu sprechen.

Wir kommen aus der Buchbranche – das Buch oder eben "Content" sind das Geschäftsfeld unserer Leser. Welche Potentiale sehen Sie in diesem Bereich? Wird das ein Schwerpunkt sein?

Da gehe ich fest von aus – das ist in vielen Workshops bereits als Thema aufgetaucht. Eine der wichtigsten Fragen wird dabei sein, wie man zukünftig die Qualität von Content sichern kann. Natürlich hoffe ich, dass von unserer Seite hier wichtige Impulse kommen können. Ganz klar wollen wir im Kontakt mit wichtigen Akteuren der Branche bleiben. Vertreter beispielsweise vom Axel Springer Konzern und Wolters-Kluwer saßen am dritten Tag des Symposiums bei mir schon am Tisch.