Börsenverein

"Digitaler Lifestyle hat erst gerade begonnen"

28. Juni 2012
Redaktion Börsenblatt
Wie die Verlage ihre Produktion auf digitale Träger umstellen – und was die Buchbranche von Apple lernen kann: Ein Treffen des Münchner Verlegerkreises.

Jörg Platiel, Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes, freute sich, dass trotz des "herrlichen Biergartenwetters" so viele Interessierte zum Treffen des Münchner Verlegerkreises in die Verlagsräume von Gräfe und Unzer gekommen waren. Und die Teilnahme sollte sich auszahlen. Denn nichts Geringeres wurde verhandelt als die konkrete und realistische Umstellung der Verlagsproduktion auf digitale Träger, was allerdings auch die Umsetzung in Printform nicht unberücksichtigt lässt .

Noch-Geschäftsführerin Annette Beetz verwies erst einmal auf die Innovationskraft von Gräfe und Unzer, die das Haus seit fast 300 Jahren durch oft schwierige Zeiten geleitet hätte. Doch dann wurde es ganz konkret: Der kaufmännische Geschäftsführer Christian Kopp erläuterte die Zielsetzung des Verlagshauses, die "besten Inhalte in jedem Format" bereitzustellen. Das kann natürlich ein gedrucktes Buch sein, das B2B-Geschäft, meint aber auch ganz entschieden digitale Produkte für E-Books oder Smartphones,  Apps etc.

Erfolgen soll eine Umstellung der Produktion auf einen XML-Workflow, die Inhalte werden in einem medienneutralen Datenformat gespeichert, um sie so auch auf zukünftige digitale Geräte einspielen zu können. Das alles soll erreicht werden in Zusammenarbeit mit der censhare AG, ein Unternehmen, das sich auf crossmediale Publikation von Inhalten in verschiedenen Medien spezialisiert hat. Wichtig ist auch, dass Gräfe und Unzer alle Mitarbeiter in den Prozess von Anfang an mit einbindet. Ende dieses Jahres soll die Umsetzung abgeschlossen sein.

Apple stellt Technologie in den Hintergrund

Der Gastvortrag beim Verlegertreffen hielt Dirk Beckmann, Geschäftsführer der Bremer Agentur "artundweise". Er referierte darüber, was die Buchbranche von Apple lernen könne. Für den Kommunikationsfachmann hat der "digitale Lifestyle" erst gerade begonnen. Internetforen und Communities im Netz seien heute noch komplexe, schwer zu durchschaubare Einheiten. Wer etwa eine bestimmte Krankheit habe, tue gut daran, sich nicht im Netz Rat zu holen, sondern einen Fachmann aufzusuchen. Ebenso sei es unverständlich, dass die Erstellung einer eigenen Website noch immer mit so vielen technischen Problemen verbunden sei.

Weswegen dies alles Beckmann in seinem Vortrag ausführte? Für ihn sind alle bislang geleisteten Innovationen im digitalen Bereich Vorstufen zum kommenden "digitalen Lifestyle". Und diese Ära beginne nun mit dem Apple iPad, weil hier die technischen Komponenten in einfachster Form dem Benutzer gegenübertreten.

"Apple stellt Technologie nicht in den Vordergrund, sondern in den Hintergrund", so Beckmann. Und das wiederum bedeute, dass die Vorrangstellung von Inhalten erst jetzt auch für den digitalen Bereich ersichtlich würde. Nach Beckmann sollte diese Erkenntnis Verlage freuen: Gute Inhalte haben sie ja genug. Es gelte aber nun diese mit den neuen Formen digitaler Trägermedien sinnvoll und durchaus gewinnorientiert zu verbinden.