Leipzig

Richtfest für Deutschlands ersten BuchKindergarten

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Nach sechsjähriger Vorlaufzeit nimmt ein bemerkenswertes Projekt Gestalt an: Am heutigen Donnerstag feiert der Verein Buchkinder Leipzig Richtfest für Deutschlands ersten BuchKindergarten. Im Frühjahr 2013 soll er sich im Stadtteil Lindenau für insgesamt 119 Kinder öffnen.
Mit dem BuchKindergarten entwickelt der seit 2001 aktive Verein, der mit Leipziger Schulen und Kindergärten kooperiert und inzwischen in ein republikweites Netzwerk von 12 weiteren Buchkinder-Initiativen eingebunden ist, seine erfolgreiche offene Kinder- und Jugendarbeit weiter. Das Konzept des Kindergartens, das an Ideen der Freinet-Pädagogik anknüpft, baut auf der langjährigen Buchkinder-Praxis auf; im Kern geht es darum, Heranwachsende auf spielerische Weise dazu zu ermutigen, ihren eigenen Ausdruck zu finden. Bücher sollen nicht nur vorgelesen und aktiv von den Kindern benutzt, sondern auch selbst gestaltet werden – von der eigenen Geschichte bis zum eigenen kleinen Werk. Geplant sind zunächst zwei „Krippengruppen“ (1-3 Jahre) und fünf altersübergreifende Kindergarten-Gruppen (3-6 Jahre). Neben Ateliers zum Spielen, Vorlesen, Erzählen und Träumen sollen auch eine Buchwerkstatt und eine Bibliothek entstehen. Die pädagogische Betreuung soll dem Stellenschlüssel vergleichbarer kommunaler Einrichtungen entsprechen, wobei neben der erzieherischen Kompetenz auch auf künstlerische Qualifizierung Wert gelegt wird. Leitungs- und Mitarbeiterstellen sind derzeit bundesweit ausgeschrieben. 


Nachhaltig bauen

Der Entwurf des Leipziger BuchKindergartens stammt von Thomas Rau, dessen  vielfach preisgekröntes Amsterdamer Büro zu den Vorreitern „grünen“ Bauens in Europa gehört. Holz, Glas und weitgehend natürliche Baumaterialien werden, wie es im Konzept heißt, „nicht nur mit Blick auf ihre sinnlichen Qualitäten verwendet, sondern auch als Konsequenz der Haltung gegenüber den Kindern“. Es entsteht ein Haus, das Lebendigkeit und Transparenz signalisiert: Die Buchwerkstatt, das Herz des Gebäudes, ist durch eine große Fensterfront von der Straße aus einsehbar, eine in die Fassade integrierte öffentliche Tauschbibliothek wird das Gesicht des zweistöckigen Baus prägen. Finanziert wird der rund 1,76 Millionen  Euro teure Baukörper aus Bundes- und Landesmitteln, dazu kommen Kredite und Eigenmittel des Vereins.


Motor integrierter Stadtentwicklung

Dass die Kommune ein vitales Interesse an der Initiative freier Träger wie des Buchkinder e. V. hat, ist angesichts von rund 4000 derzeit fehlender Kita-Plätze in der Stadt evident. Und auch für die Stadtentwicklung im Leipziger Westen kommt dem Projekt eine wichtige Initial-Funktion zu: Das Baugelände, für das vier Grundstücke zusammengeführt und mehrere Brandruinen abgerissen werden mussten, ist Teil eines Sanierungsgebietes; Verwaltung, lokale Akteure und Eigentümer arbeiten hier gemeinsam an der Umgestaltung eines über lange Jahre ‚abgehängten’ Quartiers, das nun auch für junge Familien attraktiv wird:  Schon bald soll die sanierte Josephstraße im Herzen des neu benannten „Bildhauerviertels“ Spielstraße werden. Kita-Projektchef Sven Riemer ist sich der Verantwortung, die auf allen Beteiligten lastet, durchaus bewusst, dennoch bleibt er gelassen: „Wir bauen den BuchKindergarten, um unsere Bildungsidee zu verwirklichen – nicht, um schnell eine Lücke in der Kinderbetreuung zu füllen.“