Viele stationäre Buchhändler mussten in den vergangenen Monaten mit zum Teil heftigen Umsatzeinbußen leben – und gaben genau das bei der Konjunkturumfrage des Börsenvereins zu Protokoll. Insgesamt 630 Sortimenter haben das erste Halbjahr bilanziert – und ihre Erwartungen an die zweite Jahreshälfte formuliert.
Die Ergebnisse im Schnelldurchlauf:
- Noch nicht einmal ein Fünftel der Buchhändler konnte den Barumsatz von Januar bis Juni im Vergleich zum Vorjahr steigern (siehe Grafik 1).
- Stark verbessert hat sich die Kassenlage nur bei drei Prozent.
- Nahezu 60 Prozent konstatierten Geschäfte unter Vorjahresniveau. Bei einem Fünftel ergab sich sogar eine starke Verschlechterung der Einnahmensituation.
- Etwas mehr als 20 Prozent erreichten die Zahlen von 2011.
- Überdurchschnittlich viele kleine Buchhandlungen mit einem Jahresumsatz bis 250.000 Euro konnten hinzugewinnen. 26,5 Prozent von ihnen schnitten besser ab als 2011.
- Ein ähnliches Bild ergab sich mit 23 Prozent bei den sehr großen (Umsatz mehr als fünf Millionen Euro).
- Vergleichsweise schlecht lief es für die Sortimente mit Einnahmen zwischen 250.000 und 500.000 Euro sowie für die Buchhandlungen mit einer bis 2,5 Millionen Euro Umsatz. In beiden Gruppen konnten nur jeweils 13 Prozent der Befragten ihr Vorjahresergebnis übertreffen.
Kaufzurückhaltung und Sparsamkeit manifestieren sich auch bei der Produktauswahl der Kunden. Taschenbücher verkauften sich bei etwa einem Viertel der befragten Buchhandlungen besser als im Vergleichszeitraum 2011, Hardcover hingegen waren bei 45 Prozent der Sortimente weniger gefragt.
Das Angebot um Non-Books zu erweitern, scheint derzeit die richtige Strategie zu sein. Ein Viertel der Buchhändler konnte damit in den ersten sechs Monaten des Jahres steigende Umsätze erzielen. Bei gut 43 Prozent sind die Einnahmen in diesem Segment konstant geblieben. Nur noch ein Zehntel der Befragten hat bislang keinerlei "Nicht-Bücher" im Angebot.
Zusatzumsätze kommen mittlerweile auch aus dem digitalen Geschäft. Wer mit E-Readern handelt, hat dies im ersten Halbjahr 2012 erfolgreicher getan als im Jahr zuvor (37 Prozent). 35,6 Prozent der Händler notierten konstante Umsätze mit digitalen Lesegeräten. Parallel dazu verläuft die Entwicklung beim Verkauf von E-Books. 34 Prozent der Umfrageteilnehmer melden höhere Absatzzahlen, bei 44,6 Prozent sind die Werte unverändert.
Auf die Belletristik ist nach wie vor Verlass: Das zeigt die Analyse der Warengruppen. In einem Fünftel der Buchhandlungen hat sich die schöngeistige Literatur besser verkauft als im Jahr zuvor. 45,8 Prozent beobachten eine gleichbleibende Nachfrage.
Um ihre wirtschaftliche Situation dauerhaft wieder zu verbessern, wollen die Sortimenter verschiedene Maßnahmen ergreifen:
- Eine Veränderung der Sortimentsstruktur steht dabei an erster Stelle. 37 Prozent der Buchhändler wollen ihr Angebot überdenken (siehe Tabelle).
- Gleich darauf folgt der Vorsatz, in den digitalen Buchhandel einzusteigen. 25 Prozent haben vor, E-Books anzubieten, E-Reader will fast ein Fünftel der Befragten ins Programm aufnehmen.
- Allerdings – und das gibt zu denken: mehr als 20 Prozent der Händler wollen alles so belassen, wie es ist.
Wer sich dafür entschieden hat, nicht so weiterzumachen wie bisher, sieht das höchste Verbesserungspotenzial im Einkauf. Mehr als 60 Prozent der Buchhändler planen, ihr Einkaufsvolumen weiter zu reduzieren. Passend dazu: Genauso viele planen, ihren Lagerbestand herunterzufahren. Auch die Zusammensetzung der Bezugswege soll modifiziert werden. Mehr beim Barsortiment zu bestellen: So lautet die Devise für ein Viertel der Sortimenter. Damit einher geht der Vorsatz, die Anzahl der liefernden Verlage zu senken. Dieses Ziel haben 47,6 Prozent der Umfrage-Teilnehmer. Eine Ausdehnung der Bestellbündelung steht bei fast 50 Prozent der Sortimenter auf der Agenda.
Um auf allen Kanälen präsent zu sein, wollen fast 60 Prozent der Buchhändler den eigenen Internetauftritt aufpolieren. Doch auch wenn viele Händler Mut zur Veränderung zeigen – ihre Erwartungen an die nächsten Monate sind nicht allzu hoch:
- Nur ein Fünftel der Buchhändler rechnet damit, dass sich die Umsätze gut entwickeln werden, drei Prozent gehen davon aus, dass die zweite Jahreshälfte für sie "sehr gut" läuft.
- Von schlechten oder gar sehr schlechten Geschäften geht ein Drittel aus (siehe Grafik 2).
Auch bei dieser Frage gehen die Antworten teils weit auseinander. Die kleinen Sortimente (Umsatz bis 250.000 Euro) zeigen sich besonders optimistisch: Mehr als ein Viertel erwartet vollere Kassen. In der Größenklasse eine bis 2,5 Millionen sind es nur 19 Prozent. Wer den richtigen Riecher hat, wird sich im Weihnachtsgeschäft zeigen.
Christina Schulte