Julius-Campe-Preis 2012

"Selbstbewusste Visionärin mit großer Zuneigung zu den Buchmenschen"

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Vor wenigen Minuten ehrte der Hoffmann und Campe Verlag das langjährige Stadtoberhaupt Petra Roth für ihre kulturellen Verdienste im Haus des Buches mit dem Julius-Campe-Preis.
Laudator Günter Berg, der seit acht Jahren die Geschäfte bei Hoffmann und Campe führt, kennt als früherer Suhrkamp-Chef Frankfurt und die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth gut und brillierte als Festredner und Moderator der Auszeichnung. Die fand zum ersten Mal nicht in der Alten Oper statt, sondern im neuen Quartier des Börsenvereins im Haus des Buches, für das sich nicht zuletzt die Oberbürgermeisterin stark gemacht hatte. "Der Börsenverein",  zitierte Günter Berg Roth in seiner Laudatio, sei "der richtige Hausherr am richtigen Ort in der richtigen Stadt". Nun freue er sich, dass er er "den richtigen Preis im richtigen Haus an die richtige Persönlichkeit" - die bekannt selbstbewusste Hanseatin Petra Roth - verleihen dürfe.
Roth, die zweimal als aussichtsreiche Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt wurde, habe die Stadt Frankfurt "auf viele Weisen verändert" und "sich immer wieder Großes" vorgenommen. Ihre Handschrift sei nicht nur in der Skyline der Mainmetropole abzulesen, ihrem Einschreiten sei etwa auch die Beendigung der Diskussion um den Messestandort zu verdanken, als sich Frankfurt und Leipzig vor zehn Jahren um die Rechte als Buchmessestadt gezankt hätten. Nicht zuletzt habe Roth die Kulturpolitik zur Chefsache gemacht. "Kultur", so Roth, sei " ein harter und der wichtigste Wettbewerbsfaktor im Konkurrenzkampf der Städte". Sie habe den Anspruch Frankfurts als "Marktführer der zeitgenössischen Kultur" gestellt und stets eine bürgernahe Kulturpolitik vertreten. Vor allem die "nicht zu überschätzende Verantwortung", die Roth bereitwillig in ihrer 17-jährigen Amtszeit als regierende Oberbürgermeisterin mit großem Geschick immer bereitwillig getragen habe, qualifiziere sie als Preisträgerin.
Die 68-Jährige Petra Roth, die nach eigener Aussage Preise lieber vergibt, als entgegennimmt, strich in ihrer Dankesrede die enge Verbindung von bürgerlicher Freiheit und der Bedeutung der Ware Buch für die Kultur heraus. "Frankfurt ist die Stadt des Buches, nicht die Stadt der Verlage und - Goethe möge es als erstes schlechtes Beispiel verzeihen - auch nicht die Stadt der Autoren", sinnierte Roth. Das Buch verstehe sie als Träger von Gedanken, die sich nicht einsperren ließen und an unerwarterer Stelle jederzeit zu einem Flächenbrand führen könnten. Sie streifte ihre Auseinandersetzung mit der chinesischen Regierung vor drei Jahren, als die Volksrepublik Gastland der Buchmesse war. Roth, die damals offen mehr Liberalität und weniger zensorische Maßnahmen eingefordert hatte, freute sich darüber, dass in diesem Jahr nicht nur der Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels als auch des Literaturnobelpreises aus China stammen.
Vor der Festgesellschaft forderte Roth, die sich als Schirmherrin für die Buy local-Kampagne einsetzt, außerdem den Beruf des Buchhändlers im Sinne eines wichtigen kulturellen Bildungsauftrages zu begreifen. Den Preis nahm Roth mit großer Rührung und mit großer Bescheidenheit entgegen: "Der Preis gebührt eigentlich dem Geist dieser großartigen Stadt", so die Julius-Campe-Preisträgerin 2012.