Kommentar zum Filialbuchhandel

Zurück in die Zukunft

17. Oktober 2012
Redaktion Börsenblatt
"Die führenden Filialisten des Buchhandels, Thalia und Hugendubel, entdecken das Buch für sich. Der Satz ist rein sachlich gemeint. In dem Befund, der auf Selbstauskünften beider Unternehmen gründet, stecken ein paar Einsichten", meint Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir.
■ Beim Thema "Neue Sortimente" gilt die alte Regel "Viel hilft viel" nur eingeschränkt. Zu viel schadet eher. Das Zuviel wird spätestens dann erreicht, wenn allerlei Buntes im Laden zu solcher Menge anschwillt, dass der eigentliche Handelsgegenstand Buch nur noch für die unerschütterbare Kundschaft aufzufinden ist.
■ Nicht bloß die Bühne soll wieder dem Buch gebaut werden, auch die Gespräche im Geschäft haben ihm zu gelten. Empfehlungen, die auf Lektüre beruhen, halten sogar Großbuchhändler weiter für den Königsweg zum zufriedenen Kunden. Lesen, auswählen, beraten – ein Dreiklang, der immer noch stimmt: handwerkliche Rückbesinnung mitten im digitalen Wandel.
■ Die regionale Verankerung der Buchläden erfährt wieder steigende Wertschätzung im Management der Filialisten. Was die "Buy local"-Bewegung überzeugend vordenkt und -lebt, kommt nun auch den Großen am Markt vernünftig vor: ein spezifischer, persönlicher, sympathischer Auftritt vor Ort. Nichts wirkt abweisender als Anonymität und Gleichschaltung – das kümmerliche Bild eines Ladens an der Kette der Kette quasi.

Ob all das hilft? Zu wünschen wäre es. Häme über die Not bei Thalia und Hugendubel (so einleuchtend sie affekttheoretisch sein mag) kommt aus Kübeln, die die Branche letztlich über sich selber leert. Es werden ja nicht allein die Flächen reduziert. Mit der Krise großer Händler in den urbanen Räumen und dem Abbau buchhändlerischer Arbeitsplätze werden öffentliche Gespräche über Bücher seltener. Übliches Ressentiment verdeckt nur eine Wahrheit, deren Aussprechen manchen als politisch unkorrekt gilt: Auch bei Thalia und Hugen­dubel steht Buchkultur auf dem Spiel.