Die Sonntagsfrage

Braucht der Buchhandel Telefonmarketing, Herr Michalk?

28. Oktober 2012
Redaktion Börsenblatt
Die Edel Verlagsgruppe strukturiert ihren Vertrieb um – statt freier Vertreter betreut nun ein erweitertes Key-Account-Team im Verlag den Buchhandel. Dazu gehört auch ein Spezialist für Direkt- und Telefonmarketing. Will der Buchhandel wirklich angerufen werden? Unsere Sonntagsfrage an Stefan Michalk, Vertriebsdirektor der Edel Verlagsgruppe.

„Wir möchten mehr Buchhandlungen als bisher aus dem Verlag heraus betreuen, anlassbezogen den Kontakt suchen – schließlich sind wir ganz nah am Produkt . Themen und Titel entwickeln sich heute im Vertrieb, beim Konsumenten und in den Medien schneller und folgen schon lange nicht mehr den üblichen Zyklen der Frühjahrs- und Herbstreisen.

Bestes Beispiel dafür ist im Moment unser Titel „Volle Pulle“ von Fußballprofi Uli Borowka. Das Buch hat sich in beiden Bestsellerlisten platziert, gerade war Borowka bei Beckmann zu Gast, viele Zeitungen berichten und gerade durch das Thema Alkoholismus gewinnt der Titel an Breite. Da macht es Sinn, vor allem den kleineren und mittleren Buchhandel schnell zu mobilisieren, ihn darüber zu informieren, dass dieses Buch gerade zum Chart-Aufsteiger wird und er darauf vorbereitet sein sollte. Wir wollen niemanden zum Kauf überreden, sondern zeitnah Trends aufzeigen. Und natürlich wollen und dürfen wir dem Buchhandel damit auch nicht auf die Nerven gehen.

Etwa 200 - 300 Buchhandlungen werden wir in Zukunft weiterhin persönlich besuchen, die anderen möchten wir mit unserer telefonischen Beratung erreichen. Diese Struktur ist für einen Verlag unserer Größenordnung nicht unbedingt selbstverständlich. Flankiert wird das ganze durch Mailings. Vor allem bei E-Mails ist der Aufmerksamkeitswert aber angesichts der Informationsflut stark gesunken. Außerdem fehlt der persönliche Kontakt und damit auch die für unsere Programmentwicklung wichtige Rückmeldung aus dem Buchhandel. Am Telefon können wir individueller auf unsere Kunden eingehen. Die Buchhandlungen fühlen sich ernst genommen und individuell betreut.

Natürlich hören wir auch kritische Stimmen, die sagen: Telefonmarketing ist eine preiswerte Lösung, da braucht ihr nicht mehr jeden persönlich zu besuchen. Aber die Reaktionen aus dem Sortiment sind überwiegend positiv.  Außerdem: Wer persönlich besucht werden will, den besuchen wir auch weiterhin.

Dass wir für unser Telefonmarketing auf keinen Fall Callcenter einsetzen, versteht sich von selbst.  Das wäre der falsche Weg, denn wir wollen ja gerade den direkten Kontakt pflegen und im Haus eine breite Datenbasis für die Bedürfnisse im Buchhandel aufbauen. Jede Buchhandlung soll ihren festen telefonischen Ansprechpartner im Verlag haben.

Wir erhoffen uns von der neuen Struktur mehr Feedback aus dem Handel. Und mehr Umsatz für uns und den Handel. Der Buchhandel ist für uns ein wichtiger Partner. Edel legt Wert auf eine hochwertige Ausstattung und besondere Haptik seiner Bücher. Genau das, was nur im Buchhandel erlebbar ist und sich nicht ohne weiteres digital abbilden lässt. Wir sind der festen Überzeugung, dass das der richtige Weg ist, damit sich das physische Buch auch in Zukunft im Wettbewerb mit dem E-Book behaupten kann.

In den USA, etwa bei Barnes & Noble, werden Taschenbücher und zum Teil auch Hardcoverromane mittlerweile von ihrem attraktiven Platz im Erdgeschoss in die oberen Etagen geräumt  – stattdessen bekommt im Eingangsbereich das klassische, schöne Coffeetable-Book mehr Raum, weil das E-Book für dieses Genre keine Konkurrenz ist. Auf ähnliche Entwicklungen wollen wir auch in Deutschland vorbereitet sein. Das geht nur mit einem direkten und persönlichen Draht zum Buchhandel."