Verlage, die nur noch elektronische Bücher produzieren, sind eine logische Folge des neuen Ökosystems, das mit dem E-Book entstanden ist. Sie werden umso notwendiger, als das gedruckte Buch als Ausgangsformat der Digitalisierung zunehmend an Anziehungskraft verlieren wird, zumindest in bestimmten Bereichen der Buchproduktion. Um die formalen, multimedialen und interaktiven Möglichkeiten des elektronischen Buchs auszuschöpfen, ist es sinnvoll, sich von den Denkzwängen der Druckwelt zu lösen, sich von Ansichten zu befreien, die das neue Medium in seiner Entfaltung behindern.
Einen Verlag digital zu betreiben, heißt dann auch, der Verrechnungslogik zu entrinnen, die da heißt: Das Ende des gedruckten Buchs ist mit "Verlusten" verbunden, die mit "Zusatzfunktionen" des E-Books aufgewogen werden. Besser wäre es, gedrucktes Buch und E-Book nicht als äquivalent zu betrachten. Es sind zwei Medien, deren spezifische Differenz nicht im Trägermedium besteht, sondern in ihrer Strukturierung und Nutzung. Daraus folgt, dass man Umfänge, Layout, Coverdesign, Geschäftsmodell, Vertriebswege und Marketing ganz anders plant als bei Printtiteln.
Auch der Weg zum Kunden oder Nutzer wird im Internet ein völlig anderer sein. Digitale Bücher werden vor allem in Onlineshops, in sozialen Netzen, Blogs, Onlinemagazinen und interessierten Foren gefunden. Daneben ist auch die physische Repräsentation im stationären Handel möglich, wo viele Kunden (auch E-Book-Leser) nach wie vor gedruckte Bücher einkaufen: E-Book-Cards oder USB-Sticks, vielleicht auch mit Booklets verbunden, sind Möglichkeiten.
Eine ganz andere Funktion erfüllen Digitalverlage zudem, wenn sie vergriffene Bücher wieder in elektronischer Form zugänglich machen: Damit halten sie viele Bücher, die nach wenigen Jahren aus Backlist und Lager verschwinden, lebendig – und erfüllen viele Leserwünsche.