Selbst die, die lange mit ihm und nahe bei ihm arbeiteten, gaben gestern über den Menschen Lutz Kettmann nur vorsichtige Auskunft. Rowohlt-Verleger Alexander Fest attestierte seinem Kollegen eine "norddeutsche Wesensverhangenheit". Nannte ihn einen "genau kalkulierenden Darsteller des Unwirschen". Befand, dass der Mann "Einfachsein nie gewollt" habe. Erwähnte Kettmannsche Paradoxien, etwa eine "Unnachgiebigkeit einerseits und größte Empfindsamkeit andererseits". Und bewunderte an diesem Vertriebsprofi, dem in seiner Laufbahn so vieles gelang, dass der im Erfolg "nie triumphierte. Er rauchte dann vielleicht etwas gemächlicher als sonst".
Und Kettmann selbst? Sagte in seiner Rede gleich an erster Stelle – was mindestens so typisch wie das Nicht-gefallen-wollen ist –, wie er sich ganz besonders darüber freue, "dass die Kolleginnen und Kollegen aus dem Sortiment so zahlreich vertreten sind". Mag sein, dass Kettmann das Marketing ein paar mal neu erfunden hat, eine Konstante gab es jedenfalls: wertschätzendes Verständnis für die Belange des Sortimentsbuchhändlers, dessen Beruf Kettmann vor seiner Verlagszeit erlernt hatte.
Was nun in Reinbek? Annette Beetz übernimmt. Steuerfrau folgt Steuermann. In große Fußstapfen habe sie zu treten, befand die neue, von Gräfe und Unzer nach Hamburg gekommene Vertriebs- und Marketingchefin bei Rowohlt – aber sie traue sich das zu, "trotz meiner kleinen Füße".
Kettmann traut ihr das auch zu. Keine Ratschläge, aber eine praktische Hilfe gab er seiner Nachfolgerin mit auf den Weg: seinen legendären Kugelschreiber. "Benutzen Sie ihn nur zweimal im Jahr, nämlich im Frühjahr und im Herbst während der Vertretersitzungen. Wenn es da mal unruhig wird, klopfen Sie mit dem Kugelschreiber an ein Glas. Ich versichere Ihnen, die Ruhe ist sofort wiederhergestellt."
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