Jo Lendle im Interview

"Dann springe ich da rein"

20. Dezember 2012
Redaktion Börsenblatt
DuMont-Verleger Jo Lendle soll ab 2014 den Hanser Verlag leiten. Ein Gespräch über Schwermut, Traditionen und das E-Book.

Mit welchen Gefühlen treten Sie die Nachfolge von Michael Krüger bei Hanser an – halten sich da Freude und Sorge, ob man der Aufgabe gewachsen ist, das Gleichgewicht?Jo Lendle: Die Nachfolge zu bewältigen, ist eigentlich unmöglich, dafür ist Michael Krügers Leistung bei weitem zu außergewöhnlich. Andererseits muss irgendjemand sie bewältigen, diese Einsicht macht es leichter. Und am Ende kann jeder es nur auf die eigene Art tun.

Wie lange haben Sie überlegt?Jo Lendle: Im allerersten Moment gar nicht. Im Nachhinein habe ich mir dann einiges zurecht zu überlegen versucht. Aber da war die Entscheidung in Wirklichkeit längst gefallen.

Sie beginnen erst in einem Jahr bei Hanser. Macht das den Wechsel nicht auch sehr schwierig – gerade mit Blick auf die nächste Zeit bei DuMont?Jo Lendle: Zunächst einmal macht sich bei dem Gedanken daran, DuMont nach 15 Jahren zu verlassen, durchaus eine gewisse Schwermut breit. Andererseits steht der Verlag vorzüglich da, der Aufsichtsrat ist im Begriff, eine Nachfolge zu wählen, so dass wir auch hier alles in Ruhe übergeben können. Bei Hanser spannte sich die Neugier auf den Fortgang der Dinge zuletzt so stark, dass die transparente Entscheidung für Klarheit sorgt, nicht nur bei den Autoren.

Wird es eine Übergangszeit geben, während der Sie gemeinsam mit Michael Krüger bei Hanser sind?Jo Lendle: Nein. Auch wenn ich durchaus denke, dass wir uns verstehen würden, wäre es nicht klug, in einem solchen Übergang zwei Verleger nebeneinander sitzen zu haben. Michael Krüger wird noch ein schönes Jahr machen, dann springe ich rein.

Wie viel DuMont wird man dann bei Hanser finden?Jo Lendle: Verlegerische Arbeit ist immer von einzelnen Menschen abhängig. Natürlich wird sich eine aus dem DuMont-Programm vertraute Handschrift auch in München wiederfinden lassen. Aber es gibt keinen Grund, am Hanser-Programm Entscheidendes zu verändern. Als Leser verdanken wir Michael Krüger sehr viel. Die Fortentwicklung dieser Traditionen wird es weiter geben, ebenso wie es weiterhin neue Entdeckungen geben wird. Die eigentlichen Aufgaben liegen auf anderen Feldern. Es gilt, die Möglichkeiten für diese Literatur in einem sich verändernden Umfeld zu sichern.

Michal Krüger hat gern betont, dass ihm der "Elektrohandel" fremd ist. Sie scheinen dem E-Book aufgeschlossener gegenüberzustehen.Jo Lendle: Michael Krüger war immer klug genug, aus seiner eigenen Abneigung keinen Nachteil für den Verlag werden zu lassen; Hanser ist in dem Bereich sehr ordentlich positioniert. Auch in dieser Hinsicht muss ich kein Ruder herumreißen. Ich bin vielleicht neugieriger auf die Entwicklung und will sehen, wie sich daraus für das Schreiben und das Lesen neue Verfahren ableiten lassen.

Wann planen Sie Ihren Umzug?Jo Lendle: Zum Jahreswechsel in zwölf Monaten.

Werden Sie den Abgabetermin für Ihr nächstes Buch nun nach hinten verlegen müssen?
Jo Lendle: Das wissen – falls die sich um so etwas kümmern – die Götter.

Interview: Holger Heimann