Gastspiel von Herder-Verleger Manuel Herder

Der Papst der Bücher

21. Februar 2013
Redaktion Börsenblatt
Nach acht Jahren nimmt Benedixt XVI. Ende Februar Abschied von seinem Amt als Oberhaupt der katholischen Kirche - Bestsellerautor bleibt er. Manuel Herder, sein deutscher Verleger, über ein Happy End mit Zukunft.
Herzlichen Glückwunsch! Wir alle, die wir im letzten Jahrzehnt im deutschsprachigen Buchhandel aktiv waren, sind Zeitzeugen eines einzigartigen Papstes geworden. Blickt man in der Geschichte zurück und studiert das Papsttum in allen seinen Facetten, trifft man auf Päpste, die Kirchen und Paläs­te gebaut haben, Konzilien einberufen oder aufgelöst oder Politik gemacht und Kriege geführt haben. Sie alle nutzten die Mittel ihrer Zeit, um in ihre eigene Organisation, die Kirche, und die Welt hineinzuwirken.

Wie aber wirkt Benedikt XVI.? Durch seine Bücher. Sein Pontifikat begann mit einem Buch: »Werte in Zeiten des Umbruchs«. Ein Buch, das sich mit aktuellen Fragen der Zeit beschäftigt und aufgrund seiner klaren Sprache von einer breiten Leserschaft aufgenommen wurde. Ähnlich ging es vielen Lesern bei der Lektüre seiner päpstlichen Lehrschreiben (Enzykliken) und bei den in Buchform veröffentlichten Reden: Als Papst Benedikt XVI. hat Joseph Ratzinger immer wieder und unter großem persönlichen Einsatz das ins Zentrum gestellt, was eigentlich wichtig ist, die Frage nach dem Glauben.

Mich persönlich hat die Rede in Auschwitz besonders beeindruckt. Am Ort des Grauens fragte Benedikt XVI. nach dem Wirken des liebenden Gottes. »Wo war Gott?«, lautet dann auch der Titel des entsprechenden Buchs. Ein besonderer Höhepunkt dieses Pontifikats waren die Bände »Jesus von Nazareth«. Benedikt XVI. nimmt Bleistift und Papier zur Hand und schreibt persönlich und trotz seiner großen zeitlichen Belastung drei Bände zu diesem zentralen Thema der Christen. Genauso direkt zeigt er sich mit dem Interviewband »Licht der Welt«: Niemals zuvor hat ein Pontifex, ein »Brückenbauer«, sich an diese Brücke herangewagt, und in einem persönlichen Interview direkt Rede und Antwort gestanden. Auf die Frage, ob es Situa­tionen gibt, in denen er den Rücktritt des Papstes für angebracht hält, antwortete er:

»Ja. Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten.« Benedikt XVI. wird in die Geschichte des Papsttums und des Buchhandels eingehen – als eine Person großer inhaltlicher Suche und Auseinandersetzung. Sein Pontifikat war eine Zeit der Bücher.

Mit seinem Rücktritt hat Joseph Ratzinger das Papstamt revolutioniert: mag nun ein Jüngerer Staatschefs empfangen, sich mit den Gegebenheiten von Christen in aller Welt zwischen Übersättigung und Hunger, zwischen Demokratie und Verfolgung beschäftigen. Joseph Ratzinger wird in einem idyllischen Kloster inmitten der Vatikanischen Gärten Zeit haben, um zu lesen und zu studieren. Das Happy End eines bibliophilen Pontifikats.