Die AG Digitales Kinderbuchregal hatte sich mit dem Auftrag der letztjährigen Hauptversammlung auseinandergesetzt, die Errichtung einer gemeinsamen avj-Kinder-und Jugendbuch-Internetplattform zu prüfen. „Die Verkaufsflächen im stationären Handel werden weniger, Kunden wandern ins Netz, aber sie stöbern dort nicht wie in Buchläden, sondern führen meist nur Zielkäufe aus“, fasste Oetinger-Verleger Till Weitendorf den Status quo zusammen. „Im Internet greifen die Kunden verstärkt zu massiv beworbenen und bereits erfolgreichen Titeln, kleine Verlage können ihre Titel nur schwer durchsetzen.“ Dem Oligopolismus im Online-Handel mit entsprechenden Abhängigkeiten und der Degradierung der Verlage zu reinen Lieferanten wollte die avj mit einer gemeinsamen Internetplattform etwas entgegensetzen. Sie sollte ein Ort zum Stöbern von Titeln sein, mit Buchempfehlungen, Neuigkeiten, könnte aber auch ein „Sprachrohr“ der Jugendbuchszene sein.
Die Plattform würde erhebliche Investitionskosten verursachen, die die avj nicht stemmen könnte; weitere Geldgeber würden für die Finanzierung benötigt. „Um erfolgreich zu sein, müssten wir hohe Besucherzahlen generieren, und wir müssten schnelle Entscheidungen treffen können, um handlungsfähig zu sein“, informierte Weitendorf, neben dem noch Christoph Gondrom (Loewe), Paula Peretti (Boje), Albrecht Oldenbourg (Arena) und Sebastian Zembol (Mixtvision) in der AG gearbeitet hatten. „Und sie müssen eine gleiche Behandlung aller avj-Mitglieder sicherstellen, also nicht, dass diejenigen Verlage, die mehr zahlen können, bevorzugt vorkommen. Das wird allerdings sicher zu Diskussionen führen.“ Benchmarks waren für die AG Lovelybooks von Holtzbrinck, Bookish von Penguin, Random House, Simon & Shuster u.a. (seit einem halben Jahr online), Amazon und die gerade von Amazon gekaufte Plattform Goodreads.
Nach Einschätzung der AG Digitales Kinderbuch wäre die Realisierung der avj-Plattform ein riesiges Projekt mit immensen Kosten: „Gelingt es uns, in Kürze einen so entscheidenden USP aufzubauen, dass die Kunden danach verlangen und uns auch in den Weiten des Internet finden?“, fragte Weitendorf. Die AG empfahl die Einrichtung eines digitalen Kompetenzteams, die die Möglichkeiten zur Stärkung der digitalen Präsenz der Jugendbuchverlage wie auch deren Verhandlungsmacht ausloten soll, ebenso die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit bestehenden Plattformen, und auch prüfen, ob ein Kostensharing bei den hohen Investitionskosten denkbar ist. Die Verleger beschlossen, in ihren Verlagen Mitarbeiter zum Mittun in der AG zu suchen.
Mehr Mitarbeiter zu Seminaren schicken
Da die Mitglieder im vergangenen Jahr eine Beitragserhöhung abgelehnt hat, hat Klaus Willberg vom avj-Vorstand geprüft, wie das Vereinsvermögen sinnvoller als bislang anzulegen ist. Die Mitglieder stimmten einem Vorschlag der Ludwigsburger Finanzmanufaktur zu, für die Dauer eines Jahres ein strukturiertes Depot mit unterschiedlichen Vermögenswerten einzurichten. Die Allokation enthält, was den Mitgliedern wichtig war, ethisch vertretbare Fonds; Depotbank ist das Bankhaus Metzler. Trotz kontroverser Ansichten über die Benötigung von Rücklagen wurde der avj-Vorstand mehrfach für seine umsichtige Arbeit in finanziellen Angelegenheiten gelobt. „Bessere Deckungsbeiträge könnten erreicht werden, wenn Sie Ihre Mitarbeiter verstärkt zu den avj-Seminaren schicken oder Anzeigen für unsere Bücherbox schalten“, appellierte die avj-Vorsitzende Renate Reichstein, die übrigens gestern in den achtköpfigen Vorstand der Stiftung Lesen gewählt wurde. Auch 2014 soll es vier solcher Seminare für Mitarbeiter geben.
Kein Engagement für einen rein deutschen Jugendliteraturpreis
Diskutiert wurde auch über die Initiative von Autoren, beim Deutschen Jugendliteraturpreis vorrangig deutsche Autoren auszuzeichnen und übersetzte Titel in einer eigenen Kategorie zusammenzufassen. „Diese Anstrengungen gehen vollkommen in die falsche Richtung“, kritisierte Hanser-Jugendbuchverleger Ulrich Störiko-Blume, „ statt den jetzigen Preis zu beschädigen, müsste man eher überlegen, ob es Sinn macht, zusätzlich einen neuen Preis zu installieren.“ Dix-Verlegerin Elke Fettweis, die auch im Vorstand des den Deutschen Jugendliteraturpreis betreuenden Arbeitskreises für Jugendliteratur AKJ ist, teilte mit, dass das Bundesjugendministerium als Preisstifter keine Einschränkung auf deutsche Autoren akzeptiert und weiterhin deutsche Übersetzer auszeichnen möchte. Auch die Jugendbuchverleger entschieden, sich nicht für einen rein deutschen Preis zu engagieren.
Cover müssen Gefühle erzeugen
„Oft werden Entscheidungen über Cover aus einem Bauchgefühl heraus getroffen“, kritisierte Prof. Dieter Georg Herbst. Über 80 Prozent aller Information nehmen wir mit den Augen auf. Ein Cover könne viel mehr Sinne aktivieren als nur den Sehsinn, bei einem Kaffee rieche man auch den Geruch der Kaffeebohne, beim Anblick einer Rose mit Dorne wird auch unser sensorischer Reiz aktiviert, wir denken dann auch an den Schmerz, den ein Dorn verursachen kann. Kaufentscheidungen haben sehr viel mit Erwartungen und Gefühlen zu tun, die ein Cover weckt. Wenn ein Kind oder Jugendlicher (in wenigen Sekunden) zur Auffassung gelangt: Mhm, das sieht langweilig aus, oder: Keine Ahnung, was da drinstehen soll, kann das Buch noch so spannend sein, es bleibt im Regal stehen. „Der Mensch ist ständig offen für Neues – es muss aber wichtig sein“, erläuterte Herbst.
Wenn Gesichter abgebildet werden, habe die Sozialforschung herausgefunden, dass eine leichte Untersicht des Porträtierten und die aufgestützte Hand vor dem Gesicht die Person entscheidend sympathischer finden. Standardrezepte aber gebe es nicht, so Herbst. Auch wenn allgemein farbige Cover im Jugendbuch besser gekauft würden, könnte ein schwarz-weißes Cover in der Farbflut wieder Chancen haben. Ein nicht uninteressanter Aspekt: Für das Internet eignen sich relativ abstrakte, klar aufgebaute Cover, die man auch noch in Briefmarkengröße wahrnehmen kann.
Mehr Kinder auf der Frankfurter Buchmesse?
Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse berichtete von den Bemühungen, den Buchmesseschwerpunkt Kinder- und Jugendbuch stärker in die Medien zu bringen. „Wie sehr wünschen Sie sich, dass viele Kinder auf der Messe sind?“, wollte Katja Böhne von der Buchmesse wissen. Die seien wichtig, befanden die Verleger, manchmal mache die Lautstärke ein bisschen zu schaffen. Dem könnte Kids Bubble abhelfen: Auf dem Freiplatz vor Halle 3 und 4 so llein Kuppelzelt aufgebaut werden, in dem Verlage Veranstaltungen und Aktionen durchführen könnten. Mehrheitlich wurde für eine ruhigere Arbeitsatmosphäre an den ersten drei Fachbesuchertagen plädiert. Eine Entzerrung könnten auch attraktive Veranstaltungen für Kinder in der Stadt bieten. Dem Oberbürgermeister liege viel daran, die Schulen mit Veranstaltungen während der Buchmessezeit zu erreichen, teilte Boos mit. „Jeder Verlag könnte am Freitag einen Autor in Kitas und Schulen schicken, das wäre sicher kein Problem“, schlug hier Aladin-Verleger Klaus Humann vor. Unvermeidlich kam das Problem des Bücherverkaufs auf der Messe aufs Tapet: Kunden würden kaum verstehen, warum sie die Bücher nicht am Stand erwerben könnten. Klar aber auch, dass ein Verkauf ein nicht unwesentliches logistisches Problem nach sich ziehen würde: „Dann kann ich am Freitag den Stand zusperren, weil wir keine Bücher mehr hätten“, meinte Wolfgang Foerster von Coppenrath unter Kopfnicken der Kollegen.