„Das Verfahren ist bezüglich der Haftung von Sharehostern ein Erfolg auf der ganzen Linie für die Rechteinhaber“, so das Fazit der Kanzlei, die den Börsenverein und die klagenden Verlage Campus und De Gruyter bei dem Musterverfahren zum Thema Internetpiraterie vertreten hat.
Der BGH hatte, wie berichtet, am 15. August die Revision von RapidShare zurückgewiesen und damit ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom März 2012 bestätigt. Das Ergebnis: Der Sharehoster RapidShare muss wirksame Maßnahmen gegen die Nutzung illegaler Inhalte über seinen Dienst ergreifen.
Kerstin Bäcker und Ursula Feindor-Schmidt, Fachanwältinnen für Urheber- und Medienrecht bei Lausen Rechtsanwälte, haben die jetzt veröffentlichte Urteilsbegründung gesichtet und heben in ihrer Analyse für den Börsenverein folgende Punkte hervor:
- Der BGH hat anerkannt, dass RapidShare die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung durch eigene Maßnahmen gefördert hat – was wiederum erhebliche Auswirkungen auf den Umfang der Prüfpflichten und der zu ergreifenden Maßnahmen hat. In der Urteilsbegründung selbst heißt es: "Da die Beklagte (also Rapidshare, Anmerkung der Redaktion) durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördert, obliegen ihr im Rahmen der Störerhaftung grundsätzlich weitgehende Prüfpflichten".
- Die Richter gehen noch einen Schritt weiter und haben ausdrücklich festgehalten, dass sogar eine Gehilfenhaftung und damit gegebenenfalls auch eine Schadensersatzpflicht in Betracht kommen könne. Der BGH stellt hierzu fest: "Im Streitfall kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Beklagte an den von ihren Nutzern begangenen Urheberrechtsverletzungen etwa als Gehilfin beteiligt war".
- Explizit klargestellt wird, dass gleichartige Rechtsverletzungen nicht nur dieselben Dateien betreffen würden, sondern alle Rechtsverletzungen, die sich auf das konkrete urheberrechtlich geschützte Werk beziehen. Dies gilt selbst dann, wenn diese durch einen anderen Nutzer erfolgen. "Prüfpflichten sind mithin werk- und nicht datei- oder nutzerbezogen", so die Anwältinnen.
- RapidShare kann die Rechteinhaber nicht darauf verweisen, sie könnten etwa mittels eines Lösch-Interfaces genauso gut selbst Urheberrechtsverletzungen ausfindig machen und beenden. Die Fallkonstellation bei Sharehostern unterscheidet sich von Plagiaten bei Online-Auktionshäusern wie eBay vor allem dadurch, dass die Rechteinhaber auf Grund der anonymen Nutzung des Dienstes nicht gegen die hinter dem jeweiligen Angebot stehenden Personen vorgehen können.
Der BGH legt auch Details zu den Prüfpflichten des Sharehosters fest. Dazu gehören laut Feindor-Schmidt und Bäcker:
- Die Suche in den Linksammlungen beschränkt sich dabei nicht nur auf Links, die den Werktitel enthalten, sondern hat auch die Beschreibungen in Begleittexten einzubeziehen.
- Daneben besteht auch eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht. RapidShare ist laut Urteilsbegründung dazu verpflichtet, „über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook, Twitter, mit geeignet formulierten Suchanfragen und gegebenenfalls auch unter Einsatz von sogenannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich hinsichtlich der konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links auf ihrem Dienst finden“.
- Der Einsatz eines Wortfilters, mit dem überprüft wird, ob die Namen der gespeicherten Dateien den Titel der betreffenden Werke vollständig oder in verkürzter oder ähnlicher Form enthalten.
- Im Hinblick auf den erneuten Upload geschützter Werke hält der BGH in der Urteilsbegründung fest: „Ist ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk über den Dienst der Beklagten bereits einmal in Weise öffentlich zugänglich gemacht worden, begründet das erneute Hochladen dieses Werkes grundsätzlich die Gefahr, dass es wieder unter Verletzung des Urheberrechts genutzt wird“. Dieser Gefahr, so die Fachanwältinnen, habe RapidShare wirksam entgegen zu treten. Der Sharehoster kann sich nicht auf die Möglichkeit einer rechtmäßigen Sicherungskopie berufen.
Damit ist ein wesentliches Ziel des Börsenvereins, der beiden klagenden Verlage sowie der GEMA erreicht, die ein Parallelverfahren angestrengt hatte: Sie alle wollten mit den Musterverfahren gegen den weltweit größten Sharehoster klären, welche Verpflichtungen ein Speicherdienst wie RapidShare gegenüber Rechteinhabern wie Buchverlagen hat, deren Werke dort massenweise illegal zur Verfügung gestellt werden.