Urheberrechtsverletzungen

Wann haften Internet-Buchhändler? Ein aktuelles Urteil aus München

25. Oktober 2013
Redaktion Börsenblatt
Online-Buchhändler können nicht generell für die Inhalte von E-Books haftbar gemacht werden. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts München in einem Streitfall zwischen Amazon und der Enkelin von Karl Valentin hervor.

Der Senat verglich den Online-Vertrieb mit dem stationären Buchhandel, der auch nicht den Inhalt seines gesamten Sortiments auf Urheberrechtsverstöße abklopfen könne, wie unter anderem das Jurion-Rechtsmagazin Legal Tribune Online meldet (Urteil vom 24. Oktober 2013, Az. 29 u 885/13). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Konkret drehte sich der Streitfall um einen Sketch von Karl Valentin. Enkelin Anneliese Kühn, die die Urheberrechte an Valentins Werken hält, fand im November 2011 bei Amazon den digitalen Titel "Bitte warten! Das Wartebuch für Ungeduldige" - mit einem (ungenehmigten) Auszug aus einem Sketch ihres Großvaters. Der Online-Händler entfernte das E-Book zwar nach Hinweis aus seinem Kindle-Shop, wollte jedoch keine Unterlassungserklärung abgeben.

Nach Ansicht des zitierten Richters hätte Händler Amazon nur dann schuldhaft gehandelt, wenn er von dem Verstoß gewusst und / oder auf die Abmahnung nicht reagiert hätte. Kühns Rechtsanwalt kündigte Revision beim Bundesgerichtshof an, heißt es bei Legal Tribune Online.

Das Urteil des Oberlandesgerichts München reiht sich beim Thema E-Book in vergleichbare Entscheidungen zu gedruckten Büchern ein: So gewann der Bundesverband der Versandbuchhändler 2011 einen Musterprozess am Landgericht Hamburg. Dabei ging es ebenfalls um die Frage, ob ein Buchhändler auch für Rechtsverstöße in Anspruch genommen werden kann, von denen er nichts weiß und nichts wissen kann.

Die Valentin-Erbin hatte in dem Münchner Verfahren allerdings argumentiert, dass den vorliegenden Entscheidungen nur der Kauf und Versand gedruckter Bücher zugrunde liege. In ihrem Fall jedoch gehe es um die "klassische" Haftung eines Lizenznehmers innerhalb einer digitalen Lizenzkette. Amazon sei im Falle des Download-Verkaufs von Kindle-E-Books eben keine "Buchhändlerin", sondern eine "Rechtehändlerin" und hafte demnach verschuldensunabhängig für urheberrechtliche Unterlassungsansprüche. Diese Auffassung teilte das Oberlandesgericht München aber so offenbar nicht. Eine Urteilsbegründung liege noch nicht vor, sagte ein Gerichtssprecher auf Anfrage von boersenblatt.net.