Analyse zur Weltbild-Insolvenz

Etwas Unglaubliches ist Realität geworden

10. Januar 2014
Redaktion Börsenblatt
Dieser Freitag wird in die Buchhandelsgeschichte eingehen: Einer kapitalen Verlagsgruppe wie Weltbild mit einem Jahresumsatz von immerhin gut 1,5 Milliarden Euro und mit ca 6.800 Mitarbeitern bleibt nichts mehr anderes übrig, als den Gang zum Insolvenzgericht anzutreten. Eine Analyse von Christina Schulte.

Mit dem Gang zum Insolvenzgericht wird Realität, was viele nicht geglaubt hatten: Dass die Kirche dem Konzern die Unterstützung entzogen hat, dass die kirchlichen Gesellschafter tatsächlich den Geldhahn zugedreht haben. Die teuren Sanierungspläne des Unternehmens liegen jetzt zunächst auf Eis, sind nicht zu finanzieren, Schulden drücken zudem. Nun kommt der Insolvenzverwalter zum Zug. Mit Arndt Geiwitz nimmt ein erfahrener Sanierer die Zügel in die Hand; während der Schlecker-Pleite, die freilich mit einer Abwicklung endete, stand er monatelang im Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Geiwitz tritt keine leichte Aufgabe an. Die Verlagsgruppe, die er vorfindet, durchläuft gerade einen aufwendigen Transformationsprozess hin zum Digital- und Internetkonzern, hat Schwierigkeiten, den Kunden zu vermitteln, wofür sie steht. Ob der Weg zum Ziel jemals zu Ende beschritten werden kann, ist mehr als fraglich.

Ein Verkauf? Ebenso schwierig. Das haben die Gesellschafter in der Vergangenheit bereits schmerzhaft erfahren – das Unternehmen stand immerhin eine Zeitlang zum Verkauf, jedoch ohne Erfolg. Eine Zerschlagung? Vielleicht noch die wahrscheinlichste Variante.

Zum jetzigen Zeitpunkt eine genaue Prognose über die Zukunft der Verlagsgruppe Weltbild abzugeben, kommt sicherlich zu früh. Zu viele Unbekannte sind im Spiel. Darunter auch die Frage, ob die Insolvenz der Verlagsgruppe tatsächlich ohne Auswirkungen auf das Filialgeschäft bleiben wird, bleiben kann. Bekanntermaßen sind die Interdependenzen zwischen den Unternehmensteilen sehr eng.

Die Branche blickt derweil mit Argusaugen nach Augsburg. Geht es einem bedeutenden Player wie Weltbild schlecht, kann dies zu vielerlei Reaktionen führen: von Häme über die Hoffnung, das eigene Geschäft durch die Schwäche des Konkurrenten zu stärken, bis hin zur Furcht vor negativen Verwicklungen. Die Weltbild-Insolvenz wird den einen oder anderen Handelspartner empfindlich treffen, das bleibt nicht aus. Sie jedoch als Auslöser für ein Branchenbeben zu bezeichnen, greift zu weit. Als zu einem großen Teil hausgemacht werden die Fehlentwicklungen des Unternehmens eingeschätzt, zu spät habe man sich fokussiert und zum Umbau entschlossen.

Geholfen ist mit dieser Erkenntnis allerdings niemandem, am wenigsten den Mitarbeitern, die nun um ihre Zukunft bangen müssen.