Interview mit Reiseverleger Michael Iwanowski

Hecht im Hai-Teich

19. März 2014
von Börsenblatt
Der Autor, Reiseverleger und Reiseveranstalter erklärt im Interview mit boersenblatt.net, wie man als Spezialist auf einem umkämpften Markt innovativ sein kann − und dass weniger manchmal mehr ist. Auf der ITB Berlin hat er den Lifetime-Award 2014 erhalten.

Herr Iwanowski, Glückwunsch zum ITB-Award! Aber mit Verlaub: Klingt eine Auszeichnung fürs "Lebenswerk" nicht ein wenig final?Ich kann Sie beruhigen. Auf der Urkunde steht, dass ich die Auszeichnung für mein "bisheriges publizistisches Lebenswerk" erhalte. Das hört sich doch schon anders an, oder?

Das hält die Zukunft offen...Genau, so soll es sein. Ich habe in meiner kleinen Dankrede gesagt, dass die Konkurrenz noch längere Zeit mit mir rechnen muss, vorausgesetzt, die Gesundheit spielt mit. Adenauer wurde ja auch erst mit 74 Bundeskanzler. Ich habe also noch neun Jahre Zeit, bis ich richtig loslegen kann (lacht).

Apropos loslegen: In Ihrer Frühjahrsvorschau freuen Sie sich über ein sattes Umsatzplus von zehn Prozent. Worauf führen Sie diese positive Entwicklung zurück?Genau genommen waren es sogar an die 13, 14 Prozent! Dafür gibt es viele Gründe. Der vielleicht wichtigste: Wir haben unsere gesamte Reihe mittlerweile inhaltlich und layoutmäßig generalüberholt. Die Bücher sehen einfach schicker aus und zeichnen sich durch eine verbesserte Benutzerführung aus. Dazu haben wir unsere "Dickschiffe" stark gekürzt, um die Texte lesefreundlicher zu machen. Wir verdichten die Informationen und kommen schneller auf den Punkt − ohne oberflächlich zu werden.

Dreht nicht die ganze Branche ständig an den Stellschrauben?Es gibt dafür bei uns keine festen Intervalle; wir können nicht auf einen Schlag 90 oder 100 Bücher neu auf den Markt bringen. Wir machen das sukzessive − wie bei Nivea. Dort werden ja auch Kleinigkeiten verändert − aber die Nivea-Dose wird man immer erkennen! Die Verbesserungen in unseren Reiseführern fallen, auf den ersten Blick, gar nicht so leicht ins Auge. Wenn Sie die aktuellen Ausgaben jedoch aufmerksam mit denen von vor drei, vier Jahren vergleichen, merken Sie den Unterschied: Kürzer, prägnanter, besser bebildert, besser kartographiert.

2012 haben Sie beschlossen, ausgewählte Titel auch als E-Book zu produzieren. Knabbert das am Printumsatz?Nein. Der Anfangserfolg hat uns dazu ermutigt, allen neuen Titeln einen elektronischen Zwilling zur Seite zu stellen − in allen gängigen Formaten. Den Hype, der damit verbunden ist, teilen wir nicht ganz. Der Anteil der elektronischen Produkte am Gesamtumsatz liegt inzwischen bei ungefähr acht bis zwölf Prozent.

Wie kann man als unabhängiger Verlag auf einem hart umkämpften Markt innovativ bleiben?Wir sind flexibel, das ist unser Vorteil. So können wir sehr schnell auf neue Trends eingehen. Wir müssen keinen großen Tanker zur Kurskorrektur bringen. Sondern können im Hai-Teich flink navigieren. Wir gehen unseren Weg: Sobald wir einen guten Titel haben, geben wir den raus. Ob es zum Thema schon zehn andere gibt, interessiert mich da erst mal weniger. Wichtig ist uns das Feedback der Leser. David Ruetz, der ITB-Chef, hat mich bei der Preisverleihung beiseite genommen und gestanden, dass er schon 20 Jahre mit uns um die Welt reist. Der Mann ist nicht verloren gegangen (lacht) − die Bücher müssen also gut sein!

So klingt gesundes Selbstvertrauen...Wir sind dank dreier Standbeine finanziell unabhängig. Neben dem Reisebuchverlag sind wir der größte Individual-Reiseveranstalter fürs südliche Afrika. Dazu gibt es eine gutgehende Softwarefima.

Der Entschluss, alle neuen Reiseführer mit einem kostenlosen Karten-Downloadservice zu versehen, lag da nahe?Ein wenig ist die Sache mit den QR-Codes auch Mode-Erscheinung. Wie werden sie wirklich genutzt? So recht wissen wir's ja nicht. Wir erhoffen uns keine rasante Umsatzsteigerung − aber wir gehen mit der Zeit. Es macht die Reihe interessanter für junge, technikaffine Menschen. Und vergessen Sie nicht: Unsere Reise-Handbücher bringen bis zu 800 Gramm auf die Waage. Wenn man das gewichtige Teil beim abendlichen Stadtbummel im Hotel lassen und die Basis-Infos, ohne Roaming-Gebühren, via Smartphone abrufen kann, ist das allemal praktisch.

 

Michael Iwanowski ist Geograph und arbeitete bis 1987 in der Lehrerausbildung. Mit bescheidenen Mitteln wie Schwarzweißdruck und selbst gezeichneten Karten entstand 1983 der erste deutschsprachige Reiseführer über das damalige Südwestafrika, das heutige Namibia − der Startschuss für Iwanowski's Reisebuchverlag, der im letzten Jahr sein 30jähriges Bestehen feierte. Seine drei Unternehmen (neben dem Verlag existieren noch "Iwanowski's Individuelles Reisen" sowie eine IT-Firma) führt der 65jährige Globetrotter, dank moderner Kommunikationsmittel, gern auch von Afrika, den USA oder seiner Berliner Wohnung aus. 

Interview: Nils Kahlefendt

 

Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Börsenblatt Spezial Reise & Sprachen, das am 20. März erscheint.