Die Sonntagsfrage

Brauchen unabhängige Verlage einen eigenen Laden?

29. Juni 2014
Redaktion Börsenblatt
Für unabhängige Verlage ist Aufmerksamkeit eine besonders harte Währung – um die auch michason & may aus Frankfurt kämpft: Verleger Peter Koebel plant einen 70 Quadratmeter großen Concept Store im urbanen Bockenheim. Der Laden soll, wie er sagt, ein "Hotspot für hochwortige Literatur in Frankfurt" werden, hier will er ab August arbeiten, Gäste empfangen, Bücher verkaufen. Wie das alles gehen und zusammenpassen soll?
Die Eröffnung unseres Stores ist letztendlich die logische Konsequenz des Verlagskonzepts. Seit der Gründung 2010 geht es mir als Verleger darum, michason & may im Hier und Heute zu verankern, dabei beweglich zu bleiben und gemeinsam mit meinen Autoren Neues zu wagen. Als Beispiel unsere Reihe City Walking*, an deren Anfang die Überlegung stand, dass der klassische Reiseführer von Smartphones und Googles-Maps überholt wird. Also haben wir sehr erfolgreich einen neuen Fokus angelegt: Weg von Gebäudebeschreibungen, hin zu Erzählungen über die Menschen, die die Stadt mit Leben füllen.

Ähnlich verhält es sich nun mit dem Concept Store, auch er ist eine Antwort auf sich wandelnde Strukturen. Social-Media-Engagements von Lesern und Blogger-Initiativen wie "We read Indie" zeigen schon lange, dass die Leser nicht bloß stille Rezipienten sein möchten. Gleichzeitig produziert die digitale Info-Flut aber eine Art analoge Gegenbewegung, wie das ungebrochene Interesse an unseren Lesungen und Events zeigt: Es gibt den Wunsch nach persönlichem Kontakt, nach Anlaufstellen vor Ort, die sich an bestimmte Interessensgruppen adressieren, wovon gerade auch unabhängige Buchhandlungen profitieren können.

Diesen Entwicklungen möchte ich mit dem Store Rechnung tragen, er soll ein Hotspot für Indie-Literatur in Frankfurt sein, den ich bewusst in einem Stadtteil sehe, in dem die Menschen nicht bloß arbeiten oder shoppen, sondern auch leben.

Der Store folgt dabei den "Maximen" des Verlags: Zum einem wird das Sortiment sehr fokussiert sein, das heißt, es wird das Verlagsprogramm präsentiert, dazu nach wechselnden Themenschwerpunkten ausgesuchte Titel weiterer Indie-Verlage. Zum anderen bleiben wir auch im Store in Bewegung, die 70 Quadratmeter Gesamtfläche möchte ich so modular wie möglich einrichten und gestalten. Was tagsüber mein Büro ist, kann abends zum Eventraum werden. Auch dies ein Ausdruck des Hier und Heute: Flexibilität und Mobilität sind Teil der Lebenswirklichkeit. Aus Schrankwänden in Eiche Rustikal heraus macht man keine Gegenwartsliteratur, die das einfängt.

Die Kosten für die Gestaltung halte ich als studierter Betriebswirt übrigens durch Eigeninitiative im Griff: Ich habe Säge, Bohrmaschine, Werkzeugkoffer und einen Verbandskasten. Einblicke in die "Einrichtungsarbeiten" wird es im Laufe des Juli auf www.facebook.com/michasonundmay geben. Für August ist dann die Eröffnungsfeier geplant.