Interview mit ZS-Geschäftsführer Jürgen Brandt

"Genuss und Gesundheit wachsen zusammen"

30. Oktober 2014
von Börsenblatt
Seit Anfang Oktober führt er die Geschäfte bei Zabert Sandmann: Jürgen Brandt, früher unter anderem für burdafood.net verantwortlich. Der Betriebswirt und Medienfachmann will die Ratgeberkompetenz des Münchner Kochbuchverlags noch stärker jenseits vom Herd nutzen.

Haben Sie zuhause ein Kochbuch von Zabert Sandmann im Schrank?

Brandt: Ja, sogar eine ganze Reihe – aber mit einem davon verbindet mich eine ganz besondere Geschichte: Der "Rote Löffel" war das erste große Kochbuch, das ich geschenkt bekommen habe. Damals war ich 20 Jahre alt und hatte gerade meine Ausbildung als Hotelkaufmann abgeschlossen.

Wofür steht der Verlag aus Ihrer Sicht, die ja zunächst noch ein Blick von außen ist?

Brandt: Mit Sicherheit für das, was er schon im Untertitel festhält – er ist der Verlag für Autorenexzellenz, einfach weil er mit herausragenden Kochbuchautoren aufwarten kann. Außerdem verbindet ZS für mich Tradition und Innovation. Tradition hat mit Können zu tun. Nicht jeder, der ein Kochbuch macht, kann das auch. Innovation heißt, immer wieder neue Dinge auszuprobieren. Beides gelingt dem Verlag – und das soll auch nach dem Wechsel in der Geschäftsführung so bleiben.

Wo würden Sie den Verlag gerne in fünf Jahren sehen?

Brandt: Für eine solche Prognose ist es noch zu früh – da bitte ich einfach um Verständnis. Ich habe ja gerade erst im Verlag angefangen und arbeite mich nach und nach ein. Was ich aber sagen kann: Wir wollen wachsen und unsere Ratgeberkompetenz in den Feldern ausbauen, die wir jetzt schon mit einzelnen Titeln bestellen: Gesundheit, Fitness, Familie.

Der Kochbuchmarkt ist im Moment doch eigentlich attraktiv genug….

Brandt: Ja, aber ich glaube, dass diese Themen mehr zusammenwachsen. Früher war man Genießer – oder hat sich um seine Gesundheit gekümmert. Diese unsichtbare Trennlinie ist verschwunden. Heute wollen die Menschen Gesundheit und Genuss. Gute Autoren bringen beides zusammen. Nehmen Sie Alfons Schuhbeck: Seine Gerichte schmecken nicht nur hervorragend, sondern er beschäftigt sich auch bis ins Detail mit dem Gesundheitsaspekt – so intensiv wie übrigens kaum ein anderer Koch.

Alfons Schuhbeck ist Hausautor und Umsatzgarant von Zabert Sandmann. Wird er dem Haus weiterhin treu bleiben?

Brandt: Das hoffe ich doch sehr. Wir fühlen uns wohl mit ihm – und ich denke, er sich auch mit uns.

Müssen Sie nicht auch neue, junge Autoren für ZS gewinnen?

Brandt: Neue Talente mit dieser Strahlkraft zu gewinnen, ist immer die Aufgabe eines Verlagsleiters. Das war bei Friedrich-Karl Sandmann so und das wird bei mir nicht anders sein. Ein Beispiel dafür ist unser neues Projekt mit der Bloggerin Theresa, die jetzt im NDR eine eigene Sendung bekommt. Ihr Kochbuch "Theresas Küche – Kochen mit Freunden", das demnächst bei uns erscheint, bringt frischen Wind ins Programm.

Viele Verlage setzen im Moment auf aufwendig ausgestattete Kochbücher mit Lifestyle-Charakter. Sehen Sie da bei Zabert Sandmann noch Nachholbedarf?

Brandt: Der Erfolg, den wir mit den bestehenden Büchern haben, zeigt uns, dass wir richtig damit liegen. Die Bücher von Alfons Schuhbeck oder die Landfrauenbücher verkaufen sich so hervorragend, weil es dort eine Zielgruppe gibt, die diese Autoren, diese Ausstattung liebt. Da würde ich nichts verändern, denn der Markt bestätigt uns in dem, was wir tun. Aber wenn wir mit jungen Bloggern zusammenarbeiten, dann ist klar, dass wir dabei natürlich auch Fotografie, Grafik und Ausstattung ganz neu denken müssen. Von daher: Warten Sie Theresas Kochbuch ab.

Wie soll und kann die Abgrenzung zu den Kochbüchern des ZS-Mutterhauses Edel aussehen?

Brandt: Am Ende entscheidet immer der Autor, bei welchem Verlag er sich am besten aufgehoben fühlt. Klar ist: ZS hat seine Stärken bei der Entwicklung neuer Werke. Unser Redaktionsteam bringt unglaubliche Erfahrung und viele Fähigkeiten mit. Von daher ist jedes Kochbuch, das sich durch eine intensive Autorenbetreuung auszeichnet, bei uns gut aufgehoben.

Bleibt Zabert Sandmann in München?

Brandt: Ein Umzug nach Hamburg an den Stammsitz unseres Mutterhauses Edel ist überhaupt kein Thema. Wir sind ein eigenständiger Verlag, wir nutzen die Zusammenarbeit mit Edel da, wo sie uns weiterbringt, aber wir können völlig frei agieren und unsere eigenen Erfolge am Markt suchen. Das befeuert ja auch.

ZS hat schon in der Vergangenheit mit digitalen Formaten experimentiert - etwa bei der großen digitalen Kochschule oder auch bei Apps und E-Books. Ist das ausbaufähig? Oder bleibt Print das beste Format, um mit Kochrezepten Geld zu verdienen?

Brandt: Natürlich sind die digitalen Formate ein wachsender Markt: Wir werden die Entwicklung genau beobachten und hier weiterhin unsere Chancen nutzen. Aber den größten wirtschaftlichen Erfolg werden auf absehbare Zeit auch weiterhin die Printbücher bringen. Seien wir ehrlich: das ist toll, und da hätte doch vor zehn Jahren keiner mit gerechnet!

Sie haben lange die Geschäfte bei burdafood.net geführt und dabei mit TV Gusto auch einen Fernseh-Kanal im Portfolio gehabt. ZS hat vor einigen Jahren mit großem Aufwand das Videoportal 321kochen.tv gestartet. Ein Projekt mit Zukunft?

Brandt: Food hat im Bewegtbild immer große Chancen, wie nicht zuletzt die erfolgreichen kulinarischen Unterhaltungsformate der traditionellen Fernsehsender zeigen. Wer schafft es, das richtige Format zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal zu spielen? Das ist dabei die zentrale Frage, bei der man auch Internet TV, Smart TV und natürlich Youtube einbeziehen muss. Wo Bewegtbild sinnvoll ist, werden wir uns darum bemühen, wo es nicht sinnvoll ist, werden wir es lassen. Mehr kann ich erst dazu sagen, wenn die berühmten ersten 100 Tage bei ZS vorbei sind.

In verschiedenen Medien war zu lesen, dass Sie nach dem Weggang von der Süddeutschen Zeitung eine Meta-Suchmaschine für Wein aufbauen wollen - jetzt haben Sie bei ZS angeheuert. Kommt das Weinportal trotzdem?

Brandt: Ja, es kommt und ist schon seit langer Zeit geplant. Allerdings werde ich durch meine Aufgabe bei ZS nur noch eine beratende Rolle übernehmen. Mehr kann und will ich noch nicht verraten – zumal es wirklich ein privates Engagement ist und mich meine neue Aufgabe bei ZS mehr als ausfüllt.

Weinbücher haben es schwer, die Titelzahl ist überschaubar geworden. Ein vernachlässigtes Segment?

Brandt: Guter Wein gehört für mich zu einem guten Essen dazu. Beides sind hochemotionale Themen. Ich bin froh, in einem Verlag angekommen zu sein, der mit Weinautor Jens Priewe auch hier aktiv ist. Aber Sie haben natürlich Recht – der Markt ist schwierig. Wenn es ein interessantes Konzept und einen guten Autor gibt, sehe ich uns dennoch in der ersten Reihe. Digitale und interaktive Medien sind bei Weinthemen übrigens noch deutlich stärker im Kommen als beim Kochen.

Was sind für Sie derzeit die spannendsten Trends auf dem Foodmarkt?

Brandt: Ich glaube, dass wir in einer Welt der Kontraste, der Gegensätze leben. Nehmen Sie die vegane Welle – sie geht zusammen mit einer Gegenbewegung, dem Trend zum ganz bewussten Fleischgenuss: dry aged meat, Grillen und Burgerküche. Das Phänomen gilt auch für andere Themenfelder: Auf der einen Seite spielen Fastfood und Streetfood eine große Rolle, überall in Berlin entstehen kleine Pop-Up-Läden, die einzelne, schnelle Gerichte zum Mitnehmen anbieten. Auf der anderen Seite ist Backen extrem populär für mich das genaue Gegenteil, weil es Zeit und Ruhe braucht und zu Hause gemacht wird. Die Menschen verhalten sich situativ unterschiedlich, beim Kochen, beim Lesen, bei der Musik. Sie lassen sich nicht mehr auf ein Modell festlegen. Das macht das Leben für Medienmacher im Moment sehr spannend.

Was nehmen Sie für Zabert Sandmann mit aus Ihrer Zeit bei Burdafood.net?

Brandt: Die Strahlkraft einer Marke auf unterschiedlichen Kanälen zu spielen – das ist sicher etwas, das ich dort gelernt habe. Ein Verlag wie Burda mit Zeitschriften, Internetportalen und TV-Programm ist bei den Themen Multimedialität und Markenführung schon sehr weit fortgeschritten und diese Erfahrung möchte ich bei ZS einbringen.

Was kochen Sie nach einem langen Verlagstag?

Brandt: Abends meistens nichts mehr, weil ich mittags warm gegessen habe – aber am Wochenende, wenn Freunde kommen, steht das komplette Programm an. Jedes Wochenende ein neues Rezept kochen, das ist eine Devise in meiner Familie.

Zur Person:

Jürgen Brandt ist studierter Betriebswirt und hat lange burdafood.net geleitet (mit Marken wie »Meine Familie & ich«, daskochrezept.de, tv gusto). Zuletzt war er bei der »Süddeutschen Zeitung« Leiter für strategische Produktentwicklung. Seit Oktober führt er bei Zabert Sandmann die Geschäfte - als Nachfolger des Gründers und langjährigen Verlegers Friedrich-Karl Sandmann. Die Hamburger Edel AG, seit 2010 zu 75 Prozent an ZS beteiligt, hat gleichzeitig sämtliche Anteile an dem Münchner Kochbuchverlag übernommen.

Mehr über die aktuelle Entwicklung auf dem Kochbuchmarkt lesen Sie im Börsenblatt-Spezial "Essen und Trinken", das gerade erschienen ist.