Ab dem Taschenbuch auch digital

Benedict Wells sagt Jein zum E-Book

14. September 2018
von Börsenblatt
Ab dem Erscheinen der Taschenbuchausgabe seines internationalen Bestsellerromans "Vom Ende der Einsamkeit" am 26. September veröffentlicht Diogenes erstmals die Backlist von Benedict Wells auch als E-Book. Bislang hatte sich der Autor ausdrücklich gegen Digitalausgaben gewehrt. Nun hat er seine Meinung geändert – zumindest teilweise.

"Es ist ein Statement für den stationären, unabhängigen Buchhandel. Man kauft ein E-Book einfach so gut wie nie dort, sondern bequem im Netz", begründet Wells, warum er bisher bewusst abgelehnt hat, wenn Diogenes seine Werke auch als E-Book verbreiten wollte. Seit Wells im Jahr 2007 zum Diogenes Verlag gewechselt war, hatte er auf der "Anti-E-Book-Klausel" bestanden.

"Ich habe auf Lesereise so viele enthusiastische und kompetent geführte Buchhandlungen kennengelernt, und doch mussten immer wieder einige von ihnen schließen. Die Vielfalt, die wir momentan noch haben, ist bedroht, überspitzt gesagt gibt es vielleicht irgendwann nur noch riesige, konzerngesteuerte Ketten und Online-Algorithmen. Die Plattenläden aus meiner Teenagerzeit waren damals fast alle verschwunden, falls den Buchhandlungen irgendwann das gleiche Schicksal bevorstand, wollte ich wenigstens nicht selbst 'mitmachen'. So die grobe Grundidee meines jüngeren Ichs. Mal ganz davon abgesehen, dass ein gedrucktes Buch oft etwas Persönliches und Einzigartiges ist, mit einer im besten Fall eigenen Geschichte und dazu unzensierbar. Ein E-Book dagegen ist immer nur eine Datei", so Wells.

"Als ich damals also entschied, dass es nur gedruckte Bücher geben soll, war ich 23 und dachte, ich reihe mich damit in eine große Schar störrischer und zumeist älterer Autoren ein, vielleicht irgendwo hinten in der Ecke. Dann stellte ich fest, dass ich quasi allein war. Ich war umso entschlossener, diese Haltung komplett durchzuziehen. Auch dann noch, als vor zwei Jahren 'Vom Ende der Einsamkeit' unerwartet gut lief und der Verlag mir sagte, ich würde auf einen Haufen Geld verzichten, wenn ich nicht parallel zum Hardcover zusätzlich auch die E-Book-Version anbieten würde. Doch das war es mir wert, und deshalb blieb es bei der gedruckten Variante."

Nun die Rolle rückwärts: Mit dem Erscheinen der Taschenbuchausgabe "Vom Ende der Einsamkeit" am 26. September werden  rückwirkend alle Werke von Wells auch elektronisch erhältlich sei, die bereits als Taschen- und Hörbücher auf dem Markt sind. Grund, so Wells, sollen Begegnungen und Gespräche mit seinen Lesern sein.

"Auf den Lesereisen kamen immer wieder Leute zu mir und sagten, dass ihre Eltern oder Großeltern das Buch nicht lesen könnten, da die Schrift zu klein sei oder dass sie es gern mit in den Urlaub nehmen würden, es aber in der gedruckten Form zu schwer wäre."

Wells fährt fort: "Auch auf meiner Facebook-Seite schrieben mir viele aus diesem Grund. Und anders als befürchtet, haben die E-Books in all den Jahren nicht den Markt erobert, sondern stagnieren friedlich bei rund acht Prozent – wobei einige Menschen jedoch nur elektronisch lesen. Und so stand ich vor der Frage, wie ich niemanden mehr ausschließen und trotzdem auch in Zukunft das Statement für den Buchhandel setzen kann."

Aktuelle Titel zunächst nur als Hardcover

"Deshalb nun dieser Kompromiss: Das jeweils aktuelle Hardcover, an dem alle am meisten verdienen und das am wichtigsten ist, gibt es weiterhin nur gedruckt. Doch wenn dann ein, zwei Jahre später das Taschenbuch kommt, erscheint nun nebenher immer auch das E-Book, so dass niemand mehr ausgeschlossen ist“, fasst Wells zusammen.