AG Pub: Diskussion über Stellenwert des Paperbacks

"Bloß nicht die ewig gleichen Autoren"

22. Januar 2016
von Börsenblatt
Die einen ordnen es dem Taschenbuch zu, die anderen dem Hardcover: Das Paperback hat eine Zwitterfunktion. Gestern diskutierten die Mitglieder der AG Publikumsverlage in München über die Öffnung der Paperback-Bestsellerliste für Zweitverwertungen. Für sehr erfolgreiche Titel würde sich so die Möglichkeit einer dreistufigen Verwertungskaskade eröffnen. Was geht?

Frank Sambeth von Random House sah eine grundsätzliche Bereitschaft auf dem Markt, die Zweitverwertungen mit aufzunehmen und das Paperback analog zu den Kriterien der Taschenbuchliste gleichzubehandeln. Aber man müsse sich auch damit auseinandersetzen, dass Listenplätze mit Hardcover-Nachläufen verstopft würden und dass die Öffnung der Bestsellerliste zu Verwirrungen in der Buchbranche führen könne. Generell könne sich der "Spiegel" eine Öffnung der Paperback-Topsellerliste vorstellen, berichtete Sambeth.

Die Debate der Verleger kreiste immer wieder um folgende Fragen: Gefährden wir nicht die Rolle des Taschenbuchs? Ist das ganze Unterfangen letztlich nur ein Mittel, um den Taschenbuch-Schwellenpreis zu erhöhen? Fallen nach einiger Zeit nicht doch die Taschenbuch-Bestsellerliste und die Paperback-Bestsellerliste wieder zusammen?

Christian Schumacher-Gebler (Bonnier Deutschland) hielt fest, dass es doch darum gehe, Bücher für neue Leser zu schaffen. "Aber es wird schwieriger, einen Bestseller in drei Stufen zu lancieren - stellen wir uns beispielsweise drei Mal Ken Follett vor." Kiepenheuer und Witsch-Verleger Helge Malchow erinnerte daran, dass die Paperback-Liste ursprünglich für Genretitel und Novitäten gedacht war, und sah mit der Öffnung für Zweitverwertungen neue Probleme, vor allem, wenn die Kriterien nicht stringent angewendet würden. Wie genau man die Paperbacks abgrenzt - auch darüber war sich die Runde nicht so ganz einig, bis man schließlich eine alte herstellerische Definition zu Rate zog: Das Paperback unterscheidet sich dadurch vom Taschenbuch, dass der Buchblock nicht auf dem Boden aufliegt.

Buchhändler Heinrich Riethmüller fand auf den ersten Blick eine Öffnung der Liste "durchaus attraktiv", vielleicht würden dann Backlisttitel wieder anders wahrgenommen. Im Laufe der Debatte zeigte sich, dass  hinter der Öffnung eigentlich eine Schwellenpreisdiskussion steckt: Taschenbücher sind zu billig, Hardcover zu teuer, das Paperback soll die Möglichkeiten der Preise nach oben und nach unten ausloten. Die Navigatoren der Preise waren sich in der Einschätzung der Käufer allerdings recht unsicher, was "zumutbar" sei. Helge Malchow brachte es auf den Punkt: "Warum sollten denn teurere Taschenbücher nicht funktionieren?"

Mehrfach wurde argumentiert, dass es bei Bestsellerlisten doch gerade die Novitäten seien, die die Leser und potenziellen Käufer interessierten. Doris Janhsen von Oetinger befürchtete, dass "Listen dann künftig noch monothematischer werden und sich die ewig gleichen Autoren dort finden - aber dann schaut man irgendwann auch nicht mehr auf die Listen".