Buchtage Berlin: Arbeit 4.0 – Wie werden wir arbeiten?

Neue Unternehmenskultur? Agile Coaches helfen!

14. Juni 2017
von Börsenblatt
Dezentralisierung, neue Führungsformen, digitale Workflows und neue technische Entwicklungen – wie weit ist die Buchbranche bei der Umsetzung der Arbeitswelt in 4.0? Wie werden Verlage und Buchhandlungen für Young Professionals attraktiv? Ein Podium auf den Buchtagen hat diese Fragen beleuchtet.

Nur 13 Prozent der Young Professionals geben als Karriereziel eine internationale Laufbahn an, aber 66 Prozent wünschen sich eine ausgewogene Work-Life-Balance. Und bescheidene 13 Prozent möchten im Job selbstständig und unabhängig im Beruf sein, aber 47 Prozent möchten einem sicheren und beständigen Job nachgehen. Diese Zahlen präsentierte einer Umfrage unter Young Professionals im Bereich Naturwissenschaften aus dem Jahr 2016 präsentierte Nadja Kneissler (Delius Klasing) zum Auftakt einer Podiumsdiskussion zum Thema Arbeit 4.0 mit Andreas Winarski (Early Bird / Venture Capital Fonds), Kirsten Steffen (Personalagentur Bommersheim Consulting), Stephan Joß (kaufmännischer Geschäftsführer Hanser Verlage) und Stephanie Lange (Geschäftsführerin Hugendubel).

Der Hanser Verlag, der im nächsten Jahr 90 Jahre alt wird, beschäftigt 90 Mitarbeiter und arbeitet in klassischen Abteilungsstrukturen. Geht es nach Stephan Joß ist damit wohl bald Schluss. Das Thema der Schnittstellen werde immer stärker, sagte er.  Noch nie habe Hanser so viel in Technologie investiert, wie in den letzten fünf Jahren. Ob Innovation, Kreativität oder die Beschäftigung mit neuen Geschäftsmodellen – entscheidend dafür ist die Mitarbeiterführung, die sich seiner Meinung nach komplett verändern wird. Joß: „Führung bedeutet heute loslassen.“ Bei Hanser werde deshalb jetzt eine Vereinbarung zum Home Office für alle Mitarbeiter aufgesetzt.

Für Stephanie Lange von Hugendubel stehen die Kunden im Fokus. „Veränderungen lassen sich nicht auf Führung oder Technik reduzieren“, sagte sie. Wie auf boersenblatt.net berichtet, werden bei Hugendubel die Buchhändler gerade mit iPads ausgestattet, um dem Kunden direkt Auskunft geben zu können. Der lange Weg zum Infoschalter mit PC sei in Zeiten von Smartphones nicht mehr zeitgemäß.

„Start-ups setzten Technologie radikaler ein und arbeiten eh auf Augenhöhe“. Andreas Winarski hält es für entscheidend, dass die Mitarbeiter frei arbeiten können, Entscheidungen treffen und experimentieren können. Das gelte allerdings nur so lange, bis das Start-up erfolgreich ist.

Die jungen Leute, die bei Start-ups anheuern, möchte Kirsten Steffen von Bommersheim Consulting der Buchbranche vermitteln können. Doch die Attraktivität der Verlage sei nicht hoch genug, um diese innovativen jungen Leute anzuziehen. Steffen: „Wir sind eine sehr kleine Ingroup, die sich nur mit sich selbst beschäftigt. Das geht nicht mehr.“

 

Young Professionals, alte Hasen

Was sich die Branche nach Meinung von Kirsten Steffen überhaupt nicht leisten könne, sei, das ältere Mitarbeiter abgehängt würden.  „Jung gleich gut und alt gleich innovativ und überflüssig, dieser Schluss stimmt auch einfach nicht“, sagte sie. Young Professionals seien wichtig, ältere Mitarbeiter wollten aber auch etwas erreichen. Das sieht auch Stephan Joß so: „Es gibt durchaus junge Mitarbeiter, die enge Vorgaben wollen“, so seine Erfahrung. Um neue Arbeitsformen bei Jung und Alt aufzubrechen, habe es bei Hanser bereits viele Strategieworkshops mit allen Mitarbeitern und tollen Ideen gegeben, wobei am Ende aber nichts herausgekommen sei. „Jetzt gehen alle Mitarbeiter auf Schulungen, wo sie erstmal digitale Werkzeuge kennenlernen und Umgang mit Führungskräften lernen“, erklärte Joß. Außerdem sollen agile Coaches eingestellt werden, die Hanser helfen, die Unternehmenskultur zu etablieren, die eingeführt werden soll.

Eine gute Idee? „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht nur selbstverwalten“, warf Stephanie Lange ein. Arbeit 4.0 sei auch ein Veränderungsthema. Lange: „Ich habe jetzt beschlossen: wir haben zu Ende geschult. Wir begleiten jetzt jeden einzelnen Mitarbeiter individuell in seinem Prozess.“