Bundesverfassungsgericht

Karlsruhe verkündet heute Urteil zur Vorratsdatenspeicherung

2. März 2010
von Börsenblatt
Mit Spannung wird heute in Karlsruhe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung erwartet. In Presseberichten wurde darüber spekuliert, dass der Erste Senat das Gesetz nur unter strengen Auflagen für verfassungskonform erklären könnte. Das Urteil wird um 10 Uhr verkündet.

Das Bundesverfassungsgericht hatte nach der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2009 angekündigt, ein Grundsatzurteil vorzubereiten, das die Balance von Privatsphäre (informationelle Selbstbestimmung, Fernmeldegeheimnis) und Sicherheit im Staat neu definiert.

Sollte der Grundsatz der allgemeinen Speicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten in der Entscheidung aufgegeben werden, hätte dies für die Ermittlung von Straftaten im Internet erhebliche Konsequenzen. Dann könnte nur noch im Einzelfall, auf einen konkreten Anlass bezogen, die Speicherung von Daten angeordnet werden. Die juristische Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen würde erschwert. 

Aber auch, wenn das höchste deutsche Gericht die Vorratsdatenspeicherung im Grundsatz genehmigen sollte, hieße dies noch nicht, dass Internet-Provider auch bei weniger schweren Delikten Verbindungsdaten herausgeben dürfen.

Es bleibt abzuwarten, wie hoch die Verfassungsrichter die Latte für den Datenschutz legen und für welche Fälle sie einen Eingriff in die Privatsphäre zulassen.

 

Stichwort Vorratsdatenspeicherung
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 15. Dezember 2009 drei Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung mündlich verhandelt. Dabei geht es um die in Paragraf 113 a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vorgeschriebene Verpflichtung von Telekommunikations-Providern, Verbindungsdaten der elektronischen Kommunikation (Telefon, E-Mail, Internet) zum Zwecke der Verbrechensbekämpfung für sechs Monate zu speichern.

Die Vorschrift war zusammen mit einer Reihe weiterer Paragrafen durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikations­überwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen in das TKG eingeführt worden und trat im Januar 2008 in Kraft. Neu im TKG ist seither auch der Paragraf 113 b, der die Pflicht zur Auskunftserteilung regelt. Demnach müssen die vorgehaltenen Daten bei Ermittlungen schwerwiegender Straftaten, zur Gefahrenabwehr und für die Nachrichtendienste herausgegeben werden.

Das Verfahren in Karlsruhe wird als dasjenige mit der höchsten Zahl an Beschwerdeführern in die bundesdeutsche Rechtsgeschichte eingehen: Rund 35.000 Beschwerdeführer standen hinter der Verfassungsbeschwerde des Rechtswissenschaftlers Christoph Gusy (darunter auch ein Provider, die JonDos GmbH). Weitere Verfassungsbeschwerden hatte eine Gruppe von FDP-Politikern (mit Burkhard Hirsch an der Spitze) und eine Gruppe von Grünen-Politikern und -Parlamentariern (mit Volker Beck an der Spitze) eingereicht.

Die Beschwerdeführer sehen in dem Gesetz in erster Linie eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses sowie des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.